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Aufbruch ins Ungewisse - Grundzüge eines erlebnispädagogischen Konzepts

Eine der ersten Tagungen zur Erlebnispädagogik im deutschsprachigen Raum hatte den programatischen Titel „Erlebnispädagogik: Mode, Methode oder mehr?“ (Bedacht et al. 1992). Diese Frage hat die Erlebnispädagogik seitdem nicht mehr losgelassen. Ist sie ein emanzipatorischer Ansatz oder letztlich nur ein Sammelbecken für eine Vielfalt interessanter Methoden, die man mit weitgehend beliebiger Zielrichtung einsetzen kann? Mit Bezug auf eine Aufbruchbewegung früherer Zeiten formuliert Leo Kauffeldt es besonders prägnant: „Sind wir aus den Mauern der grauen Städte ausgezogen, oder nutzen wir die Mauern, um lediglich an ihren Innenseiten klettern zu üben?“ (1996, 8).
Unter der Überschrift „Zu neuen Ufern“ fand kürzlich erneut eine der inzwischen regelmäßigen Fachtagungen statt (Paffrath 1998). Darin wird die Aufbruchstimmung, welche das erlebnispädagogische Arbeitsfeld derzeit kennzeichnet, treffend zum Ausdruck gebracht. Wenngleich insbesondere Outdoor-Aktivitäten an und für sich eine gewisse Faszination ausstrahlen wären sie als Methoden alleine wohl kaum in der Lage, eine solche Stimmung zu verbreiten. Was aber sind die Charakteristika und Ziele des pädagogischen Aufbruchs? An welchen Leitgedanken kann sich eine erlebnispädagogische Arbeit orientieren, und an welchen konkreten Merkmalen läßt sich erlebnispädagogisches Handeln in der Praxis erkennen?

Wenngleich der erlebnispädagogischen Praxis in den letzten Jahren eine umfangreiche Literatur gefolgt ist, ist das Feld von einer halbwegs einheitlichen Theoriebildung weit entfernt. Das hat durchaus Vorteile: in der Vielfalt von Praxisfeldern - Schule, außerschulische Jugendarbeit, Heimerziehung, Bewährungshilfe, betriebliche Weiterbildung, Managementtraining u.a. - kommt so eine Vielzahl von unterschiedlichen Ansätzen zum tragen. Es liegt darin aber auch eine Gefahr: Abenteuer, Risiko und Erlebnis können ohnehin auch von anderen Kräften und Interessen vereinnahmt, pädagogische Elemente hingegen weitgehend verwässert werden.

Im folgenden soll daher der Versuch unternommen werden, mögliche Antworten auf die oben gestellten Fragen zu geben1 . Drei Leitideen bilden dabei eine Art gedankliches Gerüst:
Wachstumsorientierung, Ganzheitlichkeit und Selbstorganisation. Diese Prinzipien stehen in Abgrenzung zu vorherrschenden Lernparadigmen, welche die Praxis der Schule weitgehend bestimmen. Sie sind ihrerseits in philosophischen Traditionen verwurzelt und haben sich seit der Zeit der Reformpädagogik im ersten Drittel dieses Jahrhunderts immer wieder in Form von innovativen Ansätzen in der Schule manifestiert.
Die genannten Leitideen haben natürlich über die Pädagogik hinaus Bedeutung. In der Tat sind wesentliche Impulse, die das Denken in diese Richtung beeinflußt haben, aus dem Bereich anderer, insbesondere der Naturwissenschaften gekommen. Vor allem Ganzheitlichkeit und Selbstorganisation sind Schlüsselbegriffe im Zusammenhang eines sich zur Zeit vollziehenden Paradigmenwechsels (Capra 1996) von einem mechanistischen Weltbild hin zu einem Denken in Netzwerken und Systemen.
Diese Zusammenhänge sind insofern interessant, als die Sozialwissenschaften sich in ihrer Arbeitsweise sehr stark an das empirische Forschungsmodell der Naturwissenschaften angelehnt haben. Auch wenn man das eher kritisch sehen mag - ein neues Denken in den Naturwissenschaften wird mit großer Wahrscheinlichkeit auch Auswirkungen auf das Denken und Handeln in den Sozialwissenschaften haben.
Die Hintergründe und Zusammenhänge dieses Paradigmenwechsels sind allerdings so komplex, daß sie hier immer nur angedeutet werden können. Dies geschieht im Bewußtsein, daß die Übertragung von Erkenntnissen von einem Kontext in einen anderen immer die Gefahr von Vereinfachungen, Verzerrungen oder auch Fehlinterpretationen mit sich bringt.

Den Leitideen sind jeweils mehrere Arbeitsprinzipien zugeordnet, die als Ganzes ein Konzept erlebnispädagogischen Handelns abstecken sollen. Auch diese Arbeitsprinzipien haben in einem weiter gefaßten pädagogischen Kontext Bedeutung und können somit Richtungen für eine wünschenswerte schulische Entwicklung insgesamt weisen. Ein Anspruch auf Vollständigkeit besteht dabei nicht.
Wenngleich versucht werden soll, die Arbeitsprinzipien so konkret wie möglich zu veranschaulichen, dürfen sie doch nicht mit Handlungsanweisungen verwechselt werden. Zu komplex und immer wieder anders sind zwischenmenschliche Situationen, als das einfache Rezepte etwas taugen könnten. Häufig werden daher eher Spannungsfelder aufgezeigt, in denen es neben einer bewußten Reflexion handlungsrelevanter Zusammenhänge auch auf ein Gespür für das Einmalige der Situation ankommt. An dieser Stelle enden die Möglichkeiten einer theoretischen Darstellung, und die Notwendigkeit einer reflexiven Praxis (Schön 1982) wird deutlich.

Getreu dem Motto von Giambattista Vico „Wissenschaft besteht darin, die Dinge in eine schöne Ordnung zu bringen“ (zit. nach Watzlawick 1992, 89) wird hier der Versuch unternommen, ein möglichst „rundes“ Konzept zu präsentieren. Das geschieht allerdings in dem Bewußtsein, daß vielfache Zusammenhänge, Überschneidungen und natürlich auch Auslassungen andere Ordnungen ebensogut zulassen würden.

1. Wachstumsorientierung

Zunächst könnte man die Frage stellen: ist nicht jede Pädagogik wachstumsorientiert? Ein Blick auf zentrale Praktiken der Schule zeigt aber, daß vieles, was Tag für Tag kaum hinterfragt stattfindet, gerade aus der gegenteiligen Perspektive, nämlich einer Defizitorientierung zu verstehen ist. Viel Aufmerksamkeit wird Fehlern gewidmet, sie werden optisch hervorgehoben, addiert, verrechnet und sind die vielleicht bedeutsamste Grundlage der Notengebung und der Bewertung des Lernfortschritts. Im Bereich des Verhaltens werden SchülerInnen, die Schwierigkeiten haben, sich den gegebenen Rahmenbedingungen anzupassen, als verhaltensgestört oder gar therapiebedürftig bezeichnet. Generell scheint es, als ob LehrerInnen sich leichter täten, die Schwächen von SchülerInnen wahrzunehmen und zu besprechen, als deren Stärken.
Das hat sicher auch etwas mit den gesellschaftlichen Erwartungen, die an die Schule herangetragen werden, zu tun. Analog zur Psychologie, die sich mit der Korrektur abweichenden Verhaltens beschäftigen soll, wird es als Aufgabe der Pädagogik gesehen, Kindern und Jugendlichen mehr oder weniger vorgefertigtes Wissen nahe zu bringen. Immer steht die - weitgehend unreflektierte - Anpassung an Bestehendes im Vordergrund. Dem liegt letztendlich die Vorstellung zugrunde, daß Kontrolle - von Wissen, von Menschen, von Entwicklungen- wünschenswert und grundsätzlich möglich ist.
Dieses Denken war lange Zeit auch in den Naturwissenschaften vorherrschend. Man ging davon aus, daß komplexe physikalische, chemische oder biologische Zusammenhänge sich auf einige wenige Grundgesetze zurückführen lassen würden, und daß die Kenntnis dieser Gesetze eine kontrollierte Einflußnahme und Steuerung dieser Zusammenhänge ermöglichen würde. Mit der Chaostheorie wurde diese Sichtweise ernsthaft herausgefordert. Man hatte entdeckt, daß als geordnet geglaubte Zustände ins Chaos übergehen können, und daß aus dem Chaos heraus spontan neue Ordnungen entstehen können. Solche Veränderungen ließen sich durch Verstörungen des Ausgangszustandes in Gang setzen, keinesfalls jedoch in ihren Auswirkungen vorhersagen.
Übertragen auf den pädagogischen Bereich könnte das bedeuten: der Versuch, Lernprozesse so genau wie möglich an im Voraus festgelegten Zielen auszurichten und zu kontrollieren, ist grundsätzlich zum Scheitern verurteilt und sollte aufgegeben werden zugunsten eines Lernverständnisses, das auf Anregungen und Anstöße und auf die Möglichkeit erstaunlicher und unvorhergesehener Entwicklungen setzt.

Ein gewagtes Unterfangen für vorsichtige Geister. Und doch ist das der Kern dessen, was in der Reformpädagogik schon lange praktiziert wird. Im Zentrum aller Überlegungen steht hier die Entfaltung der Potentiale, die in den Lernenden angelegt sind. Der Focus verschiebt sich dabei von einer Vermittlung von Inhalten zu einer Vermittlung von Kompetenzen, sich Inhalte anzueignen. Lerntechniken wird stärkere Aufmerksamkeit gewidmet und allem voran der Fähigkeit, Wesentliches von Unwesentlichem zu unterscheiden; eine Fähigkeit, die in einer Zeit sich explosionsartig entwickelnden Wissens von unschätzbarem Wert sein dürfte. Noch bedeutsamer ist vielleicht der Grundsatz, die natürliche Lernfreude zum Ausgangspunkt neuer Erfahrungen zu machen und den Lernenden ein Gefühl der Zuversicht zu vermitteln.

In einem Satz ausgedrückt ist das Ziel aus wachstumsorientierter Perspektive, SchülerInnen eine Weile auf einem Weg zu begleiten, den sie als lebenslang Lernende fortsetzen. Für die Erlebnispädagogik bringen Kimball und Bacon dieses Konzept auf einen Nenner: „Während die meisten traditionellen Behandlungsprogramme die Jugendlichen als krank und abhängig definieren, ist die therapeutische Reise in der Wildnis weitgehend eine der Selbstentdeckung und Autonomie“ (1993, 34, Übers. rg). Daß diese Reise keineswegs ein unbeschwerter Spaziergang ist, dürfte anhand der im folgenden zu erläuternden Arbeitsprinzipien deutlich werden.

1.1. Herausforderung

„Die Krise ist ein produktiver Zustand,
man muß ihr nur den Beigeschmack von Katastrophe nehmen.“
Max Frisch

Kaum ein anderer Schlüsselbegriff taucht in der erlebnispädagogischen Literatur so oft auf, wie „Herausforderung“, bzw. das englische Pendant: „challenge“. Was ist wirklich damit gemeint? Ein Blick auf die Beschreibung des erlebnispädagogischen Lernprozesses, die Nadler und Luckner (1992, 7ff) gegeben haben, kann darauf vielleicht eine Antwort geben:

Ausgangspunkt der Arbeit ist es, die TeilnehmerInnen in einen Zustand des Ungleichgewichts zu versetzen. In der Regel wird das dadurch erreicht, daß sie in eine neuartige Situation gebracht werden, in der sich einzigartige Problemlöseaufgaben stellen. Gleichzeitig wird ein kooperatives Umfeld geschaffen, so daß die Aufgaben bewältigbar sind und Erfolgserlebnisse möglich werden. Über eine Reflexion wird schließlich Generalisierung und Transfer der neuen Lernerfahrung angestrebt.

Den Kern eines Ungleichgewichtszustandes sehen Nadler und Luckner darin, daß „im Bewußtsein des Individuums ein Mißverhältnis zwischen neuer Information und der gewohnten Art zu denken besteht“ (7, Übers. rg). Ein Ungleichgewicht, eine Verstörung, eine Spannung oder wie immer man den Zustand beschreiben will, ist im Rahmen dieser Theorie quasi die Grundvoraussetzung dafür, daß Lernen stattfinden kann. Im Gleichgewichtszustand besteht dazu keine Veranlassung. Für letzteren haben Nadler und Luckner den Begriff der „comfort zone“ geprägt bzw. aufgegriffen. Das ist der Bereich des Bekannten, Vertrauten und Vorhersagbaren, in dem das Individuum sich sicher bewegt. Solange es innerhalb dieses Bereiches verweilt, bleibt es allerdings auch stehen, entwickelt sich nicht weiter. Wachstum und Lernen haben immer etwas mit Risiko zu tun, mit einem Aufbruch ins Unbekannte, Ungewisse, Unvorhersagbare.

Kritisch läßt sich zu diesem Modell natürlich anmerken, daß es die Impulse, die der Lernprozeß von außen erhält, einseitig hervorhebt. Lernen hängt aber auch von einer inneren Bereitschaft, Neues überhaupt an sich heranzulassen, ab. Insofern bedarf ein Zustand des produktiven Ungleichgewichts nicht immer des äußeren Anstoßes. Und umgekehrt kann die innere Befindlichkeit so sein, daß eine Störung des Gleichgewichts unangebracht ist.

Was aber sind die Qualitäten einer Herausforderung, die einen produktiven Ungleichgewichtszustand auszulösen vermögen? Drei Charakteristika bieten sich zur Beschreibung an:
·      Neuartigkeit: Auf alles, was wir gut kennen oder zu kennen glauben, reagieren wir in der Regel mit relativ automatisierten Denk- und Verhaltensmustern. Nadler und Luckner betonen deshalb die Bedeutung, die eine neue und ungewohnte Umgebung haben kann. Geradezu ideal ist in dieser Hinsicht die klassische Abenteuerlandschaft: die Berge, das Meer, oder ein anderer Ort in der Natur, die uns Zivilisationsmenschen in der Regel ziemlich fremd geworden ist. Aber bereits ein Selbstversorgerhaus, in dem die Gruppe für ein paar Tage ohne große Ablenkungen der Außenwelt auf sich gestellt ist, kann diese Funktion gut erfüllen. Rohnke (1989) gibt zahlreiche Anregungen, wie der Einsatz witziger Materialien bei einer stärker spielerisch orientierten Arbeitsweise ein Gefühl von Neuheit und spannender Erwartung auslösen kann. Schon ein Softball oder ein Strandball beispielsweise verleiten uns eher kreativ zu denken als ein Fußball oder ein Volleyball. Mindestens so bedeutsam wie äußere Faktoren ist aber wohl die Fähigkeit der LehrerIn, scheinbare Vertrautheit zu hinterfragen, in Altem Neues zu erkennen, und damit auch die SchülerInnen herauszufordern, jenseits ihrer gewohnten Denk- und Handlungsmuster neue Perspektiven zu entdecken.
·      Aufforderungscharakter: Neue Angebote müssen an vorhandene Interessen und Bedürfnisse anknüpfen. Zudem sollte eine Herausforderung ein klares und überschaubares Feld an Handlungsmöglichkeiten eröffnen, in dem Erfolgserlebnisse realisiert werden können. Von daher sind Outdoor-Aktivitäten wie Klettern oder Kanufahren, die Jugendlichen spannende körperliche Erfahrungen in einem interessanten Sinnzusammenhang versprechen, äußerst wertvolle Medien. Abenteuerspiele und -aktivitäten haben ebenfalls eine ausgeprägte körperliche Komponente und laden unmittelbar zum Handeln ein. Grundsätzlich ist das Feld erlebnispädagogischer Medien so weit, wie die intrinsische Motivation der Jugendlichen angesprochen bzw. aktiviert werden kann.
·      Ernstcharakter: Eine grundlegende Idee des erlebnispädagogischen Ansatzes ist es, daß Lernprozesse angestoßen, in ihrem weiteren Verlauf aber möglichst wenig seitens der LehrerInnen kontrolliert werden sollten. Das impliziert natürlich auch eine kritische Sichtweise von Verstärkungen: Belohnungen oder Bestrafungen nehmen der Herausforderung etwas von ihrer Authentizität. Wo immer selbstregulative Prozesse an deren Stelle treten können, sollte dies zugelassen werden. Die Natur ist dafür ein besonders gutes Beispiel. Sie kennt weder Belohnungen noch Bestrafungen, nur Konsequenzen. Angesichts ihres nicht wegzudiskutierenden Ernstcharakters, etwa der einfallenden Dunkelheit oder des drohenden Regens während einer Orientierungswanderung, erübrigen sich manche Mahnungen. Voraussetzung ist allerdings, daß man auch bereit ist, die Konsequenzen wirklich wirken zu lassen. In diesem Sinne kann auch der soziale Kontext, die Gruppenprozesse also, die ja stets „nebenher“ ablaufen, einen produktiven Ernstcharakter bekommen, wenn ein ausreichend großer Rahmen für autonome Entscheidungen der Jugendlichen abgesteckt wird.

Ein folgenschweres Mißverständnis wäre es, die erlebnispädagogischen Medien selbst bereits für Herausforderungen zu halten. Herausforderungen manifestieren sich vielmehr in diesen Medien über bestimmte Aufgabenstellungen. Für die Praxis bedeutet das, daß einerseits das Spektrum der Aktivitäten, mit denen in einem erlebnispädagogischen Sinne gearbeitet werden kann, größer ist als das Repertoire der klassischen Medien, also Outdoor-Aktivitäten und Abenteuerspiele. Andererseits steht und fällt die Qualität des erlebnispädagogischen Prozesses damit, wie diese Aktivitäten präsentiert und moderiert werden. Herausforderungen sind nichts Statisches, sie müssen immer wieder aus der jeweiligen Situation heraus geschaffen werden. Dieser Prozess läßt sich als ein beständiges Experimentieren beschreiben. Dazu sollen abschließend ein paar Anregungen gegeben werden:
·      Welches Medium man auch wählt, es ist immer nur eine Art Rohmaterial. Am besten läßt sich das am Beispiel von Spielen veranschaulichen. Von den Spielutensilien über die vielfältigen Aspekte der Regeln - zeitliche und räumliche Begrenzungen, Rollen, Bewegungsmöglichkeiten, Erfolgskriterien - bis hin zum Kontext und den Zielen, die im Vordergrund stehen, läßt sich - innerhalb eines gewissen Spielraums - alles variieren. Rohnke und Butler (1995, 45ff) geben dazu pragmatische Hinweise und Beispiele.
·      Eine besondere Bedeutung kommt der Variation des Schwierigkeitsgrades der Aufgaben zu. Herausforderungen müssen anspruchsvoll sein, ihre Bewältigung andererseits auch im Bereich der Möglichkeiten der TeilnehmerInnen liegen. Genau das richtige Niveau zu finden, ist keine leichte Aufgabe. Murray (in: Rohnke 1989, 106ff) illustriert diesbezügliche Überlegungen anschaulich am Beispiel des Abenteuerspiels „Spinnennetz“.
·      Herausforderungen müssen der Vielfalt und Heterogenität der TeilnehmerInnen gerecht werden. Wenn immer möglich, sollten im Rahmen einer Aufgabenstellung alternative Handlungsmöglichkeiten bestehen, welche die Bewältigung unterschiedlich großer Schwierigkeiten und den Einsatz verschiedener Fähigkeiten erlauben. Aus dem gleichen Grunde ist ein Wechsel vielfältiger Aktivitäten der Arbeit mit nur einem Medium vorzuziehen. Schließlich können Aufgabenstellungen, die sich an die Gruppe als Ganzes wenden mit individuellen Herausforderungen, wie etwa einem Solo - einer Zeit, die man ganz mit sich alleine verbringt - abwechseln.

Zuletzt sei noch eine Überlegung jenseits der unmittelbaren Planung von Arbeitseinheiten und Projekten angemerkt. Wer gezielt mit Herausforderungen arbeitet, sollte ein Gefühl dafür haben, wie es ist, wenn man den Bereich des Vertrauten verläßt. Das erfährt man natürlich am besten, wenn man auch sich selbst immer wieder neuen Herausforderungen stellt. Das werden vielleicht ganz andere sein als jene, die man den SchülerInnen präsentiert.

1.2. Problemlösung

„Wenn Du Menschen sagst, wo sie hingehen sollen, aber nicht, wie sie dort hinkommen,
wirst Du über die Ergebnisse überrascht sein.“
George Patton

Lernen an Herausforderungen, wie es hier beschrieben worden ist, fordert die Beteiligten in vielfältiger Weise. Und es fördert in diesem Sinne ihre Begabungen, etwa im Sinne der emotionalen Intelligenz (Goleman 1995) oder der körperlich-kinästhetischen und der personalen Intelligenz (Gardner 1983). Aber hat es auch noch etwas mit Lernen im klassischen Sinne zu tun?
John Dewey, einer der Reformpädagogen, welche die Grundlagen für eine erfahrungsorientierte Pädagogik gelegt haben, formulierte dazu pointiert: „Wachstum beruht auf dem Vorhandensein von Schwierigkeiten, die durch den Einsatz von Intelligenz überwunden werden“ (1938, 79, Übers. rg). Und den Begriff Intelligenz verwendete er hier durchaus im allgmein üblichen Sinne. Erfahrungsorientierung impliziert keine Ausschaltung des Denkens. Das Gegenteil ist der Fall.

Die Herausforderungen, die am Anfang des Lernprozesses stehen, sind in der Regel komplexe Problemstellungen, die, obwohl physischer Natur, allein durch den Einsatz körperlicher Fähigkeiten wie Kraft, Geschicklichkeit und Schnelligkeit nicht zu lösen sind. Mindestens genauso groß sind die mentalen Anforderungen. Fast immer ist es so, daß eine sorgfältige Planung sich bezahlt macht. Das Ausarbeiten einer Strategie erweist sich gegenüber einem blinden Versuch-und-Irrtum Vorgehen als überlegen. Flexibilität im Denken ist gefragt, wenn Pläne angesichts einer widerspenstigen Realität angepaßt oder umgeworfen werden müssen. Auch im emotionalen und sozialen Bereich wird einiges verlangt. Entscheidungen müssen gemeinsam getroffen werden, ohne daß die Art der Entscheidungsfindung vorgegeben wird. Dabei kommt es zwangsläufig auch zu Konflikten. Enttäuschungen und Frustrationen müssen verarbeitet werden. Immer wieder muß ein neuer Anfang gemacht werden.

Problemlöseprozesse sind oft mühsam, zäh und spannungsgeladen. Unter dem Blickwinkel der Animation eines leicht verdaulichen und unbeschwerten Erlebnisprogramms würde man alles tun, um sie den TeilnehmerInnen zu ersparen. In der Erlebnispädagogik gehören sie zum Konzept. Der Zustand des Ungleichgewichts dient vor allem einem: komplexe Lernprozesse in Gang zu setzen.

Einige Aspekte dieses Lernverständnisses sollen hier kurz umrissen werden:
·      Die Lernsituation wird so gestaltet, daß sich eine Notwendigkeit zum eigenen Handeln für die SchülerInnen unmittelbar daraus ergibt. Das kann sehr direkt durch eine klar umrissene Aufgabenstellung geschehen, wie etwa in einem kooperativen Abenteuerspiel, oder auch indirekt im Rahmen einer offenen und zunächst unstrukturierten Situation, wie dem Aufenthalt in einem Selbstversorgerhaus. Fürst (1992, 34ff) spricht in diesem Zusammenhang von der „Dynamik der unfertigen Situation“. Drei Elemente zeichnen die Struktur dieser Situation aus: konstruktive Gestaltungsmöglichkeiten, viel Unfertiges und Elemente zur Begrenzung destruktiver Entwicklungen.
·      Die LehrerInnen passen ihre Rolle den Phasen des Lernprozesses an. Während es eines durchdachten Impulses zur Eingabe der Herausforderung bedarf, halten sie sich im Verlauf des Problemlöseprozesses so weit wie möglich zurück, damit die Dynamik der jeweiligen Gruppe zum Tragen kommen kann. Insbesondere Hilfestellungen sind äußerst sorgfältig daraufhin abzuwägen, ob das, was man vorschlägt, nicht von den SchülerInnen selbst entdeckt werden könnte.
·      Auch bei einer klaren Problemstellung mit einem eindeutig abgesteckten Ziel, wie z.B. dem Bau eines Floßes zur Überquerung eines Sees, geht es nicht nur um das Erreichen dieses Ziels. Mindestens genauso wichtig wird der Prozess der Problemlösung selbst genommen. Aufgaben werden als Chancen gesehen, etwas über die eigenen Handlungsmechanismen zu lernen und sie gegebenenfalls zu verändern. Entsprechend liegt die Betonung bei den Präsentationen weniger auf detaillierten Anforderungen an die Qualität des Produktes, als auf Anforderungen an die Qualität des Prozesses, insbesondere auf der grundsätzlichen Bereitschaft, sich einzulassen und zu der gemeinsamen Anstrengung beizutragen.
·      Aus dem bislang Gesagten resultiert ein anderer Umgang mit Fehlern. Statt als lästige und möglichst auszuschaltende Störfaktoren werden Fehler als natürliche Elemente eines jeden Lernprozesses und darüber hinaus als willkommene Lernchancen betrachtet. Wenn Fehler vermieden werden sollen, führt das in der Regel zu Angst und Blockierungen. Eine Sichtweise von Fehlern als Lerngelegenheiten hingegen eröffnet mit jeder Sackgasse neue Perspektiven und Erkenntnisse, die über den direkten Anlaß hinaus nützlich sein können.

In der Wahl des Wortes „Problemlöseprozesse“ steckt bereits eine semantische Botschaft, die es in der Präsentation des erlebnispädagogischen Ansatzes zu transportieren gilt. Sie könnte kurzgefasst wie folgt lauten: Es gibt eine Menge Probleme, überall und immer wieder. Sie lassen sich lösen, auch wenn zunächst einmal völlig unklar ist, wie das gehen soll. Man muß nur den Mut und die Ausdauer haben, die Probleme gemeinsam anzupacken.
Gass und Gillis (1995) zeigen auf, daß diese Botschaft konsequenterweise mit einem Arbeitsansatz einher geht, welcher sich stärker auf die Schritte auf dem Weg zur Lösung als auf die noch verbleibenen Schwierigkeiten konzentriert. Dafür spricht in jedem Fall, daß sich mit einer nach vorne gerichteten Perspektive eine positivere Energie mobilisieren läßt, als mit einem Blick zurück in Zorn oder Frustration.
Unbesehen davon sollte nicht der Eindruck erweckt werden, daß alle Probleme grundsätzlich lösbar sind. Es kann ebenfalls eine wertvolle Lernerfahrung sein, bestimmte Schwierigkeiten in ihrem So-sein zu akzeptieren und sie eben nicht mehr verändern zu wollen.

1.3. Grenzerfahrung

„Das Leben ist ein Risiko. Mehr Risiko kann auch mehr Leben bedeuten.“
Henrik Ibsen

Auch ein intrinsisch motivierter Lernprozeß, in dem Schwierigkeiten als Chancen betrachtet werden, braucht Höhepunkte. So sind denn auch Erfolgserlebnisse ein konstitutives Element in Nadlers und Luckners Modell. Die Höhepunkte des erlebnispädagogischen Lernprozesses haben aber auch noch eine andere Qualität, die sich am treffendsten als Grenzerfahrung beschreiben läßt.
Jenseits des Gleichgewichts im Bereich des Bekannten und Vertrauten, so die Überzeugung dieser wie wohl jeder wachstumsorientierten Pädagogik, liegen im Menschen ungeahnte Möglichkeiten, auf die er normalerweise nie zurückgreift. Nur auf der Grundlage eines Menschenbildes, das an diese Möglichkeiten und Potentiale glaubt, ist eine Pädagogik, die auf Herausforderungen und Destabilisierungen setzt, überhaupt verantwortbar.

Was aber passiert, wenn jenseits der Grenzen des bislang Möglichen neue Erfahrungen gemacht werden? Csikszentmihalyi (1987) hat solche Momente jenseits von Angst und Langeweile eingehender erforscht und für sie den Ausdruck „flow“ geprägt. Er beschreibt Flow-Erlebnisse anhand folgender Kriterien:

Grundvoraussetzung ist die Freiheit der Wahl, d.h. Flow kann nur da entstehen, wo Menschen sich selbst als Lenkende und Entscheidende erleben. Die bewußte Konzentration auf eine bestimmte Tätigkeit führt zu einer Zentrierung der Aufmerksamkeit, bei der alles, was nicht unmittelbar bedeutsam ist, aus dem Bewußtsein verschwindet. Beim Handeln besteht ein Gefühl der Kompetenz und Kontrolle. Es geht einher mit einer Klarheit der Ziele und der Rückmeldungen, d.h. die Konsequenzen der eigenen Handlungsschritte sind unmittelbar einsichtig und überschaubar. Angesichts dessen kommt es zu einer Verschmelzung von Handlung und Bewußtsein, die Gedanken beschäftigen sich mit dem, was man tut, und man tut was man denkt. In diesem Zustand ist eine Überschreitung der Ich-Grenzen möglich, man ist ganz eins mit sich selbst und gerade dadurch in einem intensiven Kontakt mit der Umwelt.

Flow-Erlebnisse sind ganz offensichtlich Augenblicke eines gesteigerten Lebensgefühls, die allein um ihrer selbst willen gesucht werden. Darüber hinaus ist es nicht schwer, sich vorzustellen, wie solche Erlebnisse, um noch einmal mit Kimball und Bacon zu sprechen, ein „Frontalangriff auf gelernte Hilflosigkeit, Abhängigkeit und geringes Selbstwertgefühl“ sind. Die besondere Chance von Flow-Erlebnissen, zu einer positiven Veränderung des Selbstbildes beizutragen, liegt darin, daß das positive Selbstbild mit den Aspekten Freiheit, Kompetenz und Orientierung im Flow-Erleben selbst schon vorhanden ist.

Die Grenzerfahrung hat aber auch eine andere, eher bedrohliche Seite. Schoel, Prouty und Radcliffe bringen das sehr klar auf den Punkt, wenn sie schreiben: „Herausforderung ist ein zweischneidiges Schwert. Während sie einerseits die Möglichkeit zu Veränderung und Erfolg bietet, legt sie andererseits auch die Dinge offen, vor denen wir Angst haben: Gesichtsverlust, Versagen und Verletzung“ (1988, 130, Übers. rg). Nicht jede Erfahrung an der Grenze ist eine Grenzüberschreitung. Manchmal müssen wir auch zurückweichen, die Grenze anerkennen, oder beim Versuch, sie zu überschreiten scheitern. Oder wir müssen unsere eigenen Grenzen gegen die Überschreitung durch andere wahren. Wenngleich solche Erfahrungen nicht unbedingt erfreulich sind, liegt auch in ihnen ein großes Lernpotential. Damit sie positiv verarbeitet werden können, bedürfen sie allerdings einer einfühlsamen Begleitung. Die Metapher vom „Frontalangriff“ ist also durchaus kritisch zu hinterfragen. In manchen Situationen mag „behutsames Schmelzen“ ein angemesseneres Bild sein. Schließlich sind auch Sicherheit und Geborgenheit wertvolle Grenzerfahrungen, ja letztlich sogar die Grundlage des Vertrauens, Grenzen erforschen und überwinden zu können.

Grenzerfahrungen sind ein weites Feld, das von der erlebnispädagogischen Literatur und Praxis bislang vielleicht noch nicht umfassend genug verstanden worden ist. Fürst (1992, 71ff) liefert in dieser Hinsicht einen wertvollen Beitrag, indem er vier verschiedene Typen von Grenzerlebnissen zu unterscheiden versucht:
- das Durchbeißen, bei dem das Überschreiten der eigenen Grenzen im Vordergrund steht,
- das Ertragen, bei dem es umgekehrt um ein Akzeptieren eigener Grenzen geht,
- das Erforschen der Selbstbegrenzungen, bei dem die bewußte Wahrnehmung der Situation an der Grenze gefördert wird,
- die Gestaltung von Beziehungen, bei welcher der Focus auf dem Umgang mit zwischenmenschlichen Grenzen liegt.

Aus all dem wird deutlich, daß der Umgang mit Grenzerfahrungen eine äußerst verantwortungsvolle Aufgabe ist. Ohne den Anspruch, alle Aspekte einer solchen Arbeit erfassen zu können, sollen wiederum einige praktische Hinweise zu diesem Bereich gegeben werden:
·      Ohne subjektives Risiko ist keine Grenzerfahrung möglich, ohne objektive Sicherheit ist sie pädagogisch nicht verantwortbar. Herausforderungen werden also idealerweise so präsentiert, daß das subjektive Risiko als hoch erlebt wird, jenseits von Langeweile, aber doch wieder nicht so hoch, daß panische Angst ausgelöst wird. Eine hundertprozentige objektive Sicherheit kann es natürlich auf der anderen Seite nie geben. Aber alle Abläufe müssen auf Risiken hin durchdacht werden, und es müssen umfassende Sicherheitsvorkehrungen vorgenommen werden, um diese Risiken mit aller Wahrscheinlichkeit auszuschalten (siehe z.B. Kraus&Schwiersch 1996, Siebert 1992).
Meist ist dies im physischen Bereich eindeutiger einzuschätzen als im psychischen Bereich. Ein gutes Beispiel für die wünschenswerte Diskrepanz zwischen hohem subjektiven Risiko und geringem objektiven Risiko ist das Klettern: Während am Fels schon in wenigen Metern Höhe ein existentielles Gefühl von Gefahr aufkommen kann, sind die realen Risiken mit Hilfe moderner Sicherungstechnik - kompetente Bedienung vorausgesetzt - umfassend zu kontrollieren.
·      Grenzerfahrungen haben einen Aspekt von Unplanbarkeit. Der Aufbruch ins Ungewisse bringt auch für die LehrerInnen ein gewisses Maß an Unsicherheit mit sich. Wiederum am Beispiel Klettern: Nie läßt sich sicher vorhersagen, wie einzelne SchülerInnen die Situation am Fels erleben, wie sie auf Schwierigkeiten reagieren werden. Und die entscheidende Situation angesichts einer Grenze kann eine Frage weniger Sekunden oder langer Minuten sein. Insofern verbietet es sich von selbst, die Arbeit an Grenzerfahrungen in ein starres Ablaufschema pressen zu wollen. Angemessen ist vielmehr ein offener Zeitrahmen, der flexibel den Gegebenheiten der Situation angepaßt werden kann.
·      Arbeit an Grenzerfahrungen ist eine Arbeit in und mit dem Augenblick. Da die entscheidenden Momente zeitlich nicht vorausplanbar sind, kommt der Präsenz der LehrerInnen größte Bedeutung zu. Das gilt zum einen in einer ganz banalen Hinsicht: man muß einfach immer da sein. Präsenz meint andererseits mehr als bloße Anwesenheit: die Aufmerksamkeit muß voll und ganz dem Prozess gewidmet werden. Seitengespräche, Vorbereitungen für weitere Aktivitäten u.a. beeinträchtigen die Fähigkeit der LehrerInnen, auf das zu reagieren, was in der Gruppe geschieht. Vielmehr sollte ihr nonverbales Verhalten signalisieren, daß sie ganz bei der Sache sind. Noch treffender läßt sich die Qualität einer solchen Prozeßbegleitung mit dem Begriff Achtsamkeit beschreiben: was immer geschieht, die BegleiterInnen nehmen es aufmerksam war und sind bereit, unterstützend, konfrontierend oder hinterfragend einzugreifen. 

1.4. Beziehung

„Jede lebendige Situation hat trotz aller Ähnlichkeiten ein neues Gesicht, nie dagewesen, nie wiederkehrend. Sie verlangt eine Äußerung von dir, die nicht schon bereitliegen kann. Sie verlangt nichts, was gewesen ist. Sie verlangt Gegenwart, Verantwortung, dich.“
Martin Buber

Erlebnispädagogik ist ein belebender, gleichwohl auch anstrengender und manchmal konfrontativer Lernansatz. Die SchülerInnen werden nicht mit mundgerecht servierten Erlebnissen verwöhnt, sie werden vielmehr gefordert, in offenen Lernsituationen neue Wege zu entdecken und sich dabei auch noch mit sich selbst auseinanderzusetzen. Wo den SchülerInnen mehr Verantwortung zugemutet wird, bedeutet das nicht unbedingt weniger Verantwortung für die LehrerInnen. Statt dessen verschiebt sich der Focus: sehen LehrerInnen sich im klassischen Verständnis von Schule in erster Linie als für die Vermittlung von Inhalten zuständig, liegt die Betonung im erfahrungsorientierten Lernmodell der Erlebnispädagogik auf der Verantwortung für die Gestaltung des Lernprozesses.

Einige Aspekte dieser Lehrerrolle wurden bereits genannt: Impulssetzung zu Beginn, Präsenz und gleichzeitig Zurückhaltung während des Prozesses selbst. Dem zugrunde muß wohl aber noch eine andere Qualität liegen, die nichts mit Prozessphasen und Rollen zu tun hat. Zwischen LehrerInnen und SchülerInnen muß eine grundlegende Vertrauensbeziehung bestehen. Ohne eine solche Beziehung läuft die Erlebnispädagogik Gefahr, einseitig traditionell männliche Ideale wie Härte, Durchbeißen und Durchsetzung von Stärke zu fördern.

Die Signale, die von einer grundlegenden Vertrauensbeziehung ausgehen, lauten dagegen:
- Alle SchülerInnen sind o.k., so wie sie sind, unabhängig von ihrer Leistung und ihrem Lernfortschritt.
- Alle SchülerInnen sind in der Lage, zum Gelingen der gemeinsamen Erfahrung beizutragen, wenn auf ihre spezifischen Bedürfnisse und Voraussetzungen eingegangen wird.
- Alle SchülerInnen erleben einen jeweils einzigartigen Lernprozess, der es wert ist, wahrgenommen und verstanden zu werden.
Am umfassendsten und eindrucksvollsten hat Carl Rogers (1977) die grundlegenden Qualitäten einer hilfreichen Beziehung mit den drei Aspekten Wertschätzung, Einfühlungsvermögen und Echtheit beschrieben. Eine Pädagogik der Herausforderung tut wahrscheinlich besonders gut daran, ihre Verunsicherungen und Destabilisierungen auf ein solches Fundament aufzubauen.

Fürst (1992, 118ff) bringt in Bezug auf die Gestaltung von Beziehungen einen anderen interessanten Gedanken ins Spiel, wenn er zwischen vier Leitungsfunktionen - Organisator und Vertreter der Normen und Werte, Experte für erlebnispädagogische Medien, Begleiter von Erfahrungsprozessen und Erlebnisgefährte - unterscheidet. Die beiden letzten Funktionen betonen die Beziehungsebene jeweils von einer anderen Seite. Während die BegleiterIn von Erfahrungsprozessen aus der Rolle des aufmerksamen Beobachters heraus Hilfen zur Verarbeitung von Erlebnissen anbieten kann, ist die ErlebnisgefährtIn unmittelbar involviert, hat das gleiche erlebt wie die SchülerInnen selbst. In solchen gemeinsamen Erlebnissen, wie etwa einer Nachtwanderung durch einen dunklen Wald, bei der alle ein Gefühl von Unheimlichkeit beschleicht, liegt natürlich eine besondere Chance zum Aufbau von vertrauensvollen Beziehungen, denn alle Beteiligten können auf eine lebendige Erinnerung zurückgreifen, die manchmal mehr wert ist als tausend Worte.

Nichts würde dem Wesen von Beziehungen mehr widersprechen als Anleitungen oder Gebrauchsanweisungen. Trotzdem sollen auch hier wieder einige möglichst konkrete Hinweise zur Beziehungsarbeit gegeben werden:
·      Beziehung ist nichts Statisches. Sie unterliegt einer Dynamik fortwährender Veränderung und muß von daher immer wieder neu aufgebaut werden. Vor allem zu Beginn einer gemeinsamen Arbeit, wie auch am Anfang jeder neuen Arbeitsphase sollte man sich Zeit nehmen zum gegenseitigen Abtasten, zum Kennenlernen, zum Anknüpfen an Vergangenes und zur Wiedergewinnung eines Gefühls füreinander. Je nach Situation können dazu Aufwärmspiele, meditative Einstimmungen oder auch einfach unstrukturierte Gespräche hilfreich sein.
·      Beziehung braucht Zeit und Freiheit, um sich zu entwickeln. Muß das Programm auf der einen Seite intensiv sein, um Spannung zu erzeugen, so darf es andererseits nicht zu durchstrukturiert sein, daß keine freie Zeit für Gespräche und Kontakte am Rande bleibt. Auch im Programm selbst sollten aktionsgeladene Phasen mit ruhigen Abschnitten wechseln, in denen die Möglichkeit zur gemeinsamen Verarbeitung des Erlebten besteht. Auch in einem noch so spannenden Programm geschieht das Wichtigste manchmal in den Pausen.
·      Beziehung braucht echte Begegnung. LehrerInnen müssen als Menschen mit Stärken und Schwächen wahrnehmbar sein, und dürfen sich nicht hinter ihrer Rolle verstecken. Gerade in der Erlebnispädagogik besteht die Gefahr, daß Schülerinnen und mehr noch Schüler, von technischen Aspekten wie Seilen, Karabinern, Booten etc. fasziniert, die Lehrerin oder wahrscheinlicher den Lehrer sogar ohne deren großes Zutun in eine Guru-Rolle drängen. Alle technischen Aspekte erlebnispädagogischer Arbeit sollten daher gegenüber den SchülerInnen eher im Hintergrund gehalten werden, und LehrerInnen sollten Demonstrationen ihrer technischen Kompetenzen einzig auf den Bereich der Sicherungsmaßnahmen beschränken.
·      Beziehung braucht Flexibilität. So überzeugend das der Erlebnispädagogik zugrunde liegende Wachstumsmodell auch erscheinen mag, nicht immer ist Wachstum angesagt. Respektiert werden müssen auch Phasen, in denen die Integration zurückliegender Erfahrung im Vordergrund steht, und solche, in denen das Bedürfnis nach Sicherheit die Oberhand behält gegenüber Tendenzen zur Veränderung. Herausforderungen sind nicht immer für alle SchülerInnen gleichermaßen angebracht, und man muß ein Gefühl dafür entwickeln, wann Konfrontation sinnvoll ist, und wann Verständnis gebraucht wird. Die Balance zwischen Herausforderung und Unterstützung dürfte ohnehin eine der anspruchsvollsten Aspekte pädagogischer Kunst schlechthin sein.

Vieles, was über die Bedeutung und Gestaltung von Beziehungen geschrieben worden ist, entstammt dem psychologisch-therapeutischen Feld, und die meisten LehrerInnen fühlen sich in diesem Bereich eher unsicher. Doch bedarf es wohl weniger therapeutischer Kompetenzen, um erlebnispädagogisch zu arbeiten, als eines gewissen Gespürs für nonverbale Botschaften, einer Bereitschaft zur Selbstreflexivität und der Entschlossenheit, die sozial-emotionale Seite des Lehrerberufs genauso ernst zu nehmen, wie die kognitive. Darüber hinaus ist es sicher wünschenswert, wenn in eine Arbeit, die im Grenzbereich zwischen Pädagogik und Psychologie angesiedelt ist, möglichst vielfältige Kompetenzen einfließen. Teamarbeit und die Kooperation auch mit außerschulischen Partnern sind daher grundsätzlich anzustreben.

2. Ganzheitlichkeit

Ganzheitlichkeit ist ein schillernder Begriff. Scheint das dahinter stehende Konzept auf den ersten Blick unmittelbar einleuchtend, verflüchtigt sich das Verständnis um dessen Zusammenhänge bei eingehender Betrachtung. Das hat vielleicht auch etwas damit zu tun, daß unser Lebensstil alles andere als ganzheitlich ist, daß unser Denken von einer reduktionistischen Sichtweise geprägt ist.
Betrachten wir wieder die Schule. Fragmentierung scheint geradezu das Leitprinzip schulischer Organisation zu sein. Der Unterricht ist sorgfältig in zahlreiche Fächer untergliedert, in denen Wissensgebiete nebeneinander und doch meist ohne jeden Bezug zueinander abgehandelt werden. Auch innerhalb der Fächer ist der gleiche Mechanismus am Werke: in ausgeklügelten Lehrplänen wird das zu lehrende Wissen in kleine Portionen eingeteilt, und die zeitliche Abfolge der Vermittlung wird festgelegt. Stephen Levy karikiert diese Situation treffend: „Die ganze Welt, so scheint es, ist zur Konsumierung durch die SchülerInnen verarbeitet und verpackt worden“(1996, 19, Übers.rg).
Besonders deutlich ist die Trennung von Verstand, Körper und Gefühl. Die Schule versteht sich im wesentlichen als Stätte intellektueller Bildung. Dem körperlichen Bedürfnis nach Bewegung wird mit dem Sportunterricht noch ein Fach zugeordnet, die emotionale Seite des Menschen bleibt bei der derzeitigen Konzeption ganz vor der Tür. Während sich in der Grundschule, begünstigt auch durch die Situation, daß LehrerInnen meist viele Stunden in einer oder wenigen Klassen unterrichten, ein ganzheitlicheres Lernverständnis durchzusetzen beginnt, scheint die Fragmentierung in der weiterführenden Schule und ganz besonders im Gymnasium noch weitgehend ungebrochen.
Diese Praxis steht in einer langen Tradition, die sich bis auf die griechischen Atomisten zurückverfolgen läßt, und die mit dem Siegeszug des naturwissenschaftlichen Denkens zum zentralen Paradigma der Industriegesellschaft geworden ist. Kern des mechanistisch - reduktionistischen  Weltbildes ist die Annahme, daß sich alle Phänomene erklären lassen, wenn man sie in ihre einzelnen Bestandteile zerlegt. Auf dieser Basis ist alles grundsätzlich messbar und berechenbar, Abfolgen von Ereignissen können linear auf eindeutige Ursachen zurückgeführt werden. Folglich war das Bestreben der Physik lange Zeit darauf konzentriert, kleinste, unteilbare Grundbestandteile der Materie zu finden. Gerade dabei bahnte sich aber eine tiefgreifende Wende an. Bei der Zerlegung von Atomen stieß man auf ein hochkomplexes Geflecht von Partikeln und Wellen, in dem die alten mechanistischen Prinzipien hoffnungslos versagten. Selbst auf einer physikalischen Ebene sind die Phänomene offensichtlich nicht alleine anhand der Kenntnis ihrer materiellen Bestandteile erklärbar. Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile. Es hat immer auch eine Struktur, die nicht schon in den Bestandteilen angelegt ist.

Ganzheitliches Denken ist also immer auch systemisches Denken. Dieses Denken zeichnet sich dadurch aus, daß komplexe Zusammenhänge als Netzwerke verstanden werden, statt sie in ein klar gegliedertes Raster von Hierarchien zu pressen. An die Stelle monokausaler Erklärungen tritt die Vorstellung von Rückkopplungen und Kreisläufen; Veränderungen sind nicht mehr beliebig reversibel.
Für lebendige Organismen scheint ein ganzheitlich - systemisches Denken unmittelbar angemessener zu sein. Doch das mechanistische Weltbild hat weit über die Physik hinaus das Denken geprägt, hat zur Entstehung eines mechanistischen Menschenbildes beigetragen und so auch im pädagogischen Bereich umfassende Auswirkungen gehabt.
Eine Umorientierung wird daher weit mehr verlangen als die Einführung neuer Methoden. Zur Disposition stehen das Prinzip des isolierten Fachunterrichts, die Illusion eines gerechten Vergleichs in Form von Noten, die Rolle von LehrerInnen als Wissensvermittler und die strikte Trennung von Lernen und Leben.

Jede einzelne dieser grundsätzlichen Fragen ist in verschiedenen Ansätzen der Reformpädagogik bereits aufgegriffen worden. Ein fächerübergreifendes Lernen in Projekten, der Verzicht auf Notengebung zugunsten verbal-qualitativer Beschreibungen des Lernprozesses, ein Selbstverständnis der LehrerInnen als BeraterInnen und ein Lernen an außerschulischen Orten waren und sind einige der Antworten.
Für die Erlebnispädagogik ist Kurt Hahns Motto „Lernen mit Kopf, Herz und Hand“ zum Leitmotiv geworden. Doch es wäre wohl vermessen, für diesen wie für irgend einen anderen einzelnen Ansatz eine umfassende Verwirklichung von Ganzheitlichkeit  in Anspruch nehmen zu wollen. Vielleicht könnte man statt dessen von ganzheitlichen Inseln sprechen, im Bewußtsein, daß diese immer auch in der Gefahr sind, auf Methoden in einem mechanistischen Sinne reduziert zu werden. Ganzheitliches Lernen dürfte zum gegenwärtigen Zeitpunkt eher eine Vision sein, die wir selbst immer nur bruchstückhaft verstehen. Ein Wechsel des Lernparadigmas ist kein Katzensprung , eher „eine unendliche Reise, deren ganzer Sinn es ist, in Bewegung zu bleiben und nicht zu erstarren“ (Fuhr&Gremmler-Fuhr 1995, 187).
Die im folgenden ausgewählten Aspekte verstehen sich in diesem Sinne nicht als geschlossenes Konzept von Ganzheitlichkeit; sie sollen lediglich einige Bereiche, die für die Fortsetzung der erlebnispädagogischen Reise von Bedeutung sein könnten, genauer beleuchten.

2.1. Wechselspiel von Aktion und Reflexion

„Ein Mensch hat eine Erfahrung gemacht, jetzt sucht er die Geschichte dazu -
man kann nicht leben mit einer Erfahrung, die ohne Geschichte bleibt, scheint es...“
Max Frisch

Wir sind so an die Verkopfung von Lernprozessen gewöhnt, daß wir automatisch an eine stärkere Betonung von Körper und Gefühl denken, wenn von Ganzheitlichkeit die Rede ist. In der Erlebnispädagogik besteht dagegen eher die umgekehrte Gefahr eines unreflektierten Aktionismus. Dewey findet eindrückliche Worte, um davor zu warnen: „Das kritische Problem in der Erziehung besteht darin, eine unmittelbare Aktion, die sich an den Impulsen und Wünschen orientiert, zurückzustellen, bis Beobachtung und Beurteilung stattgefunden haben... Die verstandesmäßige Vorausschau, die Idee von Konsequenzen, muß mit Impulsen und Wünschen zusammenfließen, um eine treibende Kraft zu werden. Sie gibt dann Richtung in etwas, was ansonsten blind ist, während Wünsche und Bedürfnisse den Ideen Anstoß und Kraft geben“ (1938, 69, Übers. rg).
Wenn Erlebnispädagogik mehr sein will als Kompensation, muß sie diesen Überlegungen Rechnung tragen. Entsprechend hat die Integration von Momenten der Reflexion ein breites Echo in der Literatur gefunden. Die Gruppe Project Adventure hat in diesem Zusammenhang das anschauliche Bild der „adventure wave“ geprägt (Schoel et al. 1988, 27ff). Die Welle ist ein schönes Symbol für die intendierte Fortbewegung und Entwicklung, bei der die Aktion einem weithin sichtbaren Wellenberg gleicht, die Reflexion dem eher verborgenen Wellental. In diesem Bild kommt ebenfalls gut zum Ausdruck, daß Aktion und Reflexion idealerweise in einem beständigen Wechselspiel aufeinander bezogen sind: Die Reflexion gibt Raum und Zeit, Ziele zu formulieren und Pläne zu schmieden. In der Aktion können diese dann erprobt und verwirklicht werden. Anläßlich einer darauffolgenden Reflexion besteht schließlich die Gelegenheit, die Erfahrungen auszuwerten, Erkenntnisse festzuhalten und für kommende Aktionen Anpassungen an den ursprünglichen Zielen und Plänen vorzunehmen.
Reflexionen haben also eine doppelte Funktion: Rückblick im Sinne einer Integration der gemachten Erfahrung und Vorausschau im Sinne einer Nutzung dieser Erfahrung für künftige Lernsituationen.
Im Bild der „adventure wave“ steckt noch eine andere Symbolik, die oft übersehen wird. Wellenberg und Wellental sind durch nichts voneinander getrennt. Sie sind Teil ein und desselben Phänomens, der Welle. Konsequent übersetzt heißt das, daß auch Aktion und Reflexion nicht grundsätzlich voneinander getrennt werden können. Während man handelt, ist man immer auch am denken, und auch Nachdenken ist eine Handlung. Eine vernünftige Reflexion kann nicht erst im Wellental beginnen. Die Höhe des Wellenberges ist keineswegs standardisiert, manche Wellen können viel früher abbrechen als erwartet. Die Reflexion muß in ihrem Kern dann bereits angelegt sein. Nadler und Luckner (1992, 59ff) bringen dieses Reflexionsverständnis mit der Formel „processing at the edge“ auf den Punkt. Je dichter die Reflexion inhaltlich und zeitlich am entscheidenden Moment des Erlebens dran ist, um so sinnvoller, energiegeladener und vielversprechender wird sie sein.

Zugegebenermaßen ist es nicht ganz einfach, das alles in die Praxis umzusetzen. LehrerInnen wie SchülerInnen tun sich denn auch oft schwer mit Reflexionen. Die Integration und intelligente Nutzung von Erfahrungen ist oft mühsamer als der Erfahrungsprozess selbst, und weniger gelungene Reflexionen erwecken manchmal den Eindruck verordneter Rituale. Das klassische Reflexionskonzept ist denn auch nicht unumstritten geblieben. Bacon (1983) schlägt vor, den Akzent stärker auf eine bedeutungsgeladene Präsentation der Aktivitäten zu verschieben, und Handley (1997) gibt zu bedenken, daß direkte Fragen und Gespräche oft weniger geeignet sind, Veränderungsprozesse auszulösen, als indirekte Interventionen.
Insgesamt dürfte die Frage aber eher lauten, wie Reflexionen am besten zu gestalten sind, damit sie einen Beitrag dazu leisten können, die Geschichten der Erlebnisse und Erfahrungen zu finden. Einige Anregungen dazu könnten lauten:
·      Reflexionen sind Angebote. Sie bieten in erster Linie ein Setting das allen ermöglicht, nachzudenken und ihre Beobachtungen und Ideen zu äußern. Dabei sollte alles vermieden werden, was Druck erzeugen könnte. In einem Kreisgespräch etwa müssen alle die Möglichkeit haben, ohne viel Aufhebens das Wort weiterzugeben. Insgesamt muß ein Rahmen hergestellt werden, in dem alle sich sicher fühlen können, daß ihre Beiträge respektiert werden. Das kann etwa durch die Vereinbarung einiger weniger Gesprächsregeln geschehen. Reflexionen sollten immer in dem Bewußtsein durchgeführt werden, daß der richtige Zeitpunkt nachzudenken oder sich zu äußern nicht für alle gleich sein kann.
·      Reflexionen können vielfältige Formen annehmen. Das Kreisgespräch in der Gesamtgruppe ist das ideale Forum, in dem das, was alle angeht, mit allen besprochen werden kann. Andererseits kann es, gerade in größeren Gruppen, manchmal auch einen schwerfälligen Charakter bekommen. Und es muß eben auch nicht immer alles vor allen gesagt werden, manchmal ist es sinnvoller, den Schwerpunkt darauf zu legen, daß die SchülerInnen Zeit zum Nachdenken und zum Austausch untereinander erhalten. Als Alternativen bieten sich dann Kleingruppen-, Paar- oder Soloreflexionen an. Reflexionen müssen auch nicht immer rein verbal sein. Kreative Medien wie Malutensilien, Ton oder andere gestalterische Elemente können Wege des Ausdrucks eröffnen, die über Sprache verschlossen blieben. Schließlich bieten sich das individuelle Tagebuch oder auch das Gruppenlogbuch als Reflexionsmedien an. Methoden können sich allerdings auch verselbständigen. Die Wahl einer Reflexionsmethode sollte einer Entscheidung über die Fragerichtung daher stets nachgeordnet sein.
·      Reflexionen sollten einen festen Platz haben, sich aber auch  spontan ergeben können. Dadurch, daß feste Zeiten im Programmablauf für Reflexionsphasen eingeplant werden, wird ein deutliches Zeichen gesetzt: Erlebnispädagogische Aktivitäten sind kein Selbstzweck, die in ihnen gemachten Erfahrungen werden vielmehr als Lernanlässe betrachtet, in einem Prozess, der auch über den Kurs, die Klasse oder die Arbeitsgemeinschaft hinaus weist. Feste Zeiten sind im aktionsgeladenen Prozess der Erlebnispädagogik auch eine Art Selbstverpflichtung für LehrerInnen und SchülerInnen. Schließlich beinhaltet die Ritualisierung der Reflexion die Chance, daß die SchülerInnen die Gruppengespräche zunehmend selbst in die Hand nehmen können. Andererseits macht Reflexion nur Sinn, wenn es auch wirklich etwas zu besprechen oder zu überlegen gibt. Und das ist oft ganz unerwartet der Fall. Die Entscheidung, ob der Gruppenprozeß an einer wichtigen Stelle spontan unterbrochen werden sollte, ist nie ganz einfach. Andererseits muß man sich von der Vorstellung lösen, daß Reflexion immer an ein formalisiertes Ritual gekoppelt sein muß. Eine Bemerkung oder Frage im richtigen Moment kann einen spontanen Reflexionsprozeß auslösen, der intensiver ist als eine ausgiebige Gesprächsrunde nach Abschluß der Aktivität.
·      Reflexionsimpulse sollten so konkret wie möglich sein. Abstraktionen, die nicht auf dem Hintergrund konkreter Beispiele lebendig werden, sind immer in der Gefahr, zu leeren Worthülsen zu verkommen. Konkrete Fragen sind oft mühsamer zu beantworten, sie geben andererseits auch eine gewisse Sicherheit, daß das Gespräch auf dem Boden der Tatsachen bleibt und nicht in Bereiche vordringt, über die man nicht gerne sprechen möchte. Borton´s Reflexionsmodell, das entlang der drei Fragen „what“, „so what“ und „now what“ strukturiert ist (Schoel et al. 1988, 170ff), vereint eine Betonung der Konkretheit mit einem sinnvollen sequentiellen Aufbau von Fragen:
    - Was ist passiert? Zunächst geht es darum, aus der Vielfalt individueller Wahrnehmungen
    und Beobachtungen ein Bild der gemeinsam durchlebten Erfahrung zu rekonstruieren.
    - Was hat das zu bedeuten? Ein und dieselbe Handlung löst meist bei verschiedenen
    Beteiligten ganz unterschiedliche Gefühle und Interpretationen aus. Alle diese subjektiven
    Realitäten haben ihre Berechtigung. Indem sie geäußert werden, kann eine Annäherung
    stattfinden bzw. Differenzen können zumindest anerkannt werden.
    - Was machen wir damit? Schließlich gilt es, aus dem Gesagten Konsequenzen zu ziehen:
    was soll beim nächsten Mal  anders,  genauso, mehr oder weniger gemacht  werden?
·      Reflexionen gewinnen eine positive Energie, wenn sie nach vorne gerichtet sind. Der Blick zurück droht weniger im Zorn oder in Selbstvorwürfen stecken zu bleiben, wenn man weiß, daß die nächste Chance vor der Tür steht. Hier liegt eine besondere Stärke des erlebnispädagogischen Lernprozesses, die ja bereits im Bild der „adventure wave“ zum Ausdruck kommt: die nächste Herausforderung kommt bestimmt. Diesen Sinnzusammenhang, in dem Erkenntnisse immer einen unmittelbar einsichtigen Nutzen haben, gilt es in der Moderation der Reflexion zu betonen.
·      Reflexionen sollten einen Impuls geben, der genug Freiheit zur Entwicklung in andere Richtungen läßt. Aus der Beobachtung des Gruppenprozesses gehen die LehrerInnen mit Ideen, Hypothesen und Fragen hervor. Als Außenstehende nehmen sie Dinge wahr, die den involvierten SchülerInnen entgangen sein könnten. Diese Wahrnehmungen gilt es zu nutzen, und in Form von Fragen, die der Reflexion einen Focus geben können, an die Gruppe zurückzuspiegeln. Beispielsweise kann dadurch die Kommunikation in der Gruppe, die Frage, wie Entscheidungen gefällt werden, oder der Umgang mit unterschiedlichen Einstellungen und Fähigkeiten ins Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt werden (siehe z.B. Knapp 1992). Der Focus darf andererseits nicht zu eng eingestellt werden, es muß immer noch Raum genug vorhanden sein, daß sich das Gespräch in eine andere, von den SchülerInnen favorisierte Richtung entwickelt. Vage und doch sehr schön beschreibt Levy den Geist, der hinter den Fragen stehen sollte: „Eine Frage läßt den SchülerInnen die Freiheit, Entdeckungen zu machen. Das ist der Kern der Sache“ (1996, 36, Übers. rg).

Eine ernsthafte Arbeit mit Reflexionen kann sich nicht nur auf die SchülerInnen beziehen. Sie setzt voraus, daß LehrerInnen sich selbst auch als Lernende begreifen und ihre Art zu arbeiten immer wieder hinterfragen. Regelmäßige Reflexionen innerhalb des Leitungsteams und Supervisionstreffen in einem größeren Kontext sind daher wünschenswerte Bestandteile erlebnispädagogischer Arbeit.

2.2. Die Sprache der Bilder

„Menschliche Sprache hat Zugang nur zum Schatten des Sinns.“
Malidoma Somé

Watzlawick, Beavin und Jackson (1969, 61ff) haben darauf hingewiesen, daß es zwei grundsätzlich verschiedene Formen der Kommunikation gibt, die nebeneinander bestehen und sich gegenseitig ergänzen.
Digitale Kommunikation bedient sich eines Systems von Zeichen, deren Bezüge zu den Objekten willkürlich festgelegt werden. In der analogen Kommunikation dagegen besteht eine grundsätzliche Ähnlichkeit zwischen Symbolen und den dadurch bezeichneten Objekten. Während die Stärke der digitalen Kommunikation in ihrer Exaktheit und in einem prinzipiell unerschöpflichen Vorrat an möglichen Zeichen liegt, hat analoge Kommunikation etwas unmittelbar und universal Verständliches, das direkt unsere tiefsten Instinkte und Gefühle anspricht. Und „überall, wo die Beziehung zum zentralen Thema der Kommunikation wird, erweist sich die digitale Kommunikation als fast bedeutungslos“ (Watzlawick et al. 1969, 64).
Vieles deutet darauf hin, daß diesen Formen der Kommunikation auch zwei Arten zu denken entsprechen, die aus verschiedenen Teilen unseres Gehirns gesteuert werden. Während wir komplexe logische Zusammenhänge am besten anhand eines klar strukturierten Denkens in Zahlen, Zeichen und Abstraktionen nachvollziehen können, haben wir über Bilder, Analogien und Metaphern einen besseren Zugang zu unseren Gefühlen.

In der Erlebnispädagogik ist man schon immer davon ausgegangen, daß wesentliche Erfahrungen transportiert werden können, obwohl sie sich menschlicher Sprache weitgehend entziehen. Programmatisch wurde in diesem Sinne der Ausdruck „the mountains speak for themselves“ geprägt. Seit einigen Jahren werden darüber hinaus verstärkt Überlegungen angestellt, das Bemühen um die rationale Aufarbeitung von Erfahrungen in Reflexionen durch eine stärker die Intuition ansprechende Arbeit mit Metaphern zu ergänzen.
Stephen Bacon (1983) war der erste, der, mit Bezug zu Jungs Archetypen, ein umfassendes Konzept zur bewußten Nutzung metaphorischer Kommunikation im erlebnispädagogischen Lernprozess vorlegte. Eine zentrale Rolle spielt dabei der Begriff der Isomorphie oder Strukturähnlichkeit: Erlebnispädagogische Aktivitäten wie etwa Spiele, Fahrradtouren oder die Organisation des Zusammenlebens in einem Selbstversorgerhaus haben inhaltlich oft wenig mit Alltagssituationen der SchülerInnen wie Hausaufgaben, Klassenarbeiten oder dem individuellen Freizeitverhalten zu tun. Strukturell können jedoch vielfältige Parallelen bestehen, z.B. in der Art, wie mit unangenehmen oder schwierigen Situationen umgegangen wird. Aufgabe der Metapher ist es nach Bacon, über die symbolische Hervorhebung der strukturellen Ähnlichkeiten eine Brücke zwischen erlebnispädagogischem Kontext und Alltag zu schlagen. Der Begriff Metapher wird dabei in einem über das literarische Konzept der Redewendung hinausgehenden Sinn verstanden. Im Kern geht es um die Suche nach Analogien, die intuitiv verstanden werden.
Michael Gass (1993) hat diese Ideen aufgegriffen und daraus ein Modell entwickelt, das LeiterInnen die Konstruktion von geeigneten Metaphern für verschiedene Gruppensituationen ermöglichen soll: Ausgehend von einer expliziten Benennung und Gewichtung von Zielen wird eine strukturell passende Aktivität ausgesucht. Von großer Bedeutung ist, daß hier Problemlösungen möglich sind, die den TeilnehmerInnen im Alltagshandeln bislang verschlossen waren. Um die strukturellen Parallelen zwischen dem Alltgsproblem und der Übung zu stärken, werden bei letzterer dann eine Reihe von Änderungen - Ergänzung, Sreichung oder Variation von Regeln, eine spezifische Präsentation, u.a. - vorgenommen. Die anschließende Reflexion focussiert dann auf die Analogien zwischen Übung und Alltag. Zahlreiche Beispiele für derart gezielt konstruierte Metaphern präsentiert Gass in seinem „Book of Metaphors“ (1995).
Johan Hovelynck (1998) hinterfragt dieses Modell, indem er darauf hinweist, daß konstruierte Metaphern der LeiterInnen den natürlichen Prozeß der Entfaltung von individuellen Metaphern der TeilnehmerInnen blockieren können. Auf dem Hintergrund des von Outward Bound Belgien entwickelten und praktizierten Arbeitsmodells plädiert er dafür, den erlebnispädagogischen Prozess als ein offenes Lernfeld zu sehen, in das die TeilnehmerInnen die ihnen selbst wichtigen Erfahrungen mit Hilfe ihrer eigenen Bilder einbringen können. Aufgabe des Leitungsteams ist es dann, diese Bilder aufzugreifen und den Prozeß einer konstruktiven Weiterentwicklung bzw. Veränderung von Metaphern zu begleiten.

Schließen sich die hier skizzierten Ansätze gegenseitig aus, oder können sie sich ergänzen? Im Rahmen einer vergleichenden Darstellung favorisiert Cornelia Schödlbauer (1997) ebenfalls ein offenes, teilnehmerverantwortetes metaphorisches Modell. Sie gibt zu bedenken, daß metaphorische Kommunikation auch einen ästhetischen Wert in sich hat, der keiner weiteren Funktionalisierung bedarf, und daß es sich ohnehin meist als unmöglich erweisen dürfte, die für die TeilnehmerInnen spontan auftauchenden Bilder und Themen vorauszusehen. Gleichwohl macht sie Mut, Metaphern auch aktiv zu gestalten, um den SchülerInnen damit einen aufmerksamen Umgang mit den eigenen Bildern schmackhaft zu machen.
Einige abschließende Hinweise sollen ermutigen, sich weiter mit diesem komplexen Thema zu beschäftigen:
·      Im Rahmen des metaphorischen Modells kommt der Präsentation von Aktivitäten besondere Bedeutung zu. In dem englischen Begriff „frontloading“ kommt die Tatsache, daß hier bereits folgenschwere Vorentscheidungen getroffen werden, gut zum Ausdruck. Grundsätzlich bestehen vier verschiedene Möglichkeiten der Präsentation:
     - Eine sachliche und nüchterne Darstellung der Aufgabe ohne Erklärungen zum Kontext.
     Das kommt der Idee eines offenen Lernfeldes, welches die SchülerInnen im Sinne der für
     sie relevanten Themen nutzen können, am nächsten.
     - Eine sachliche und nüchterne Darstellung unter gleichzeitiger Nahelegung eines
     Sinnzusammenhanges, etwa in Bezug auf bereits formulierte Ziele. Diese Vorgehen
     zeichnet sich durch eine hohe Transparenz aus.
     - Eine metaphorische Präsentation, durch welche der Focus - unausgesprochen- auf ein
     bestimmtes Problem oder Lernfeld gerichtet wird. Die Chance dabei liegt in der gezielten
     Bearbeitung eines Themas auf einer potentiell sehr tiefgehenden Ebene.
     - Eine Präsentation, die sich analoger Kommunikation bedient, etwa in Form der
     Einbindung in eine Geschichte, wobei bewußt vielfältige Interpretations- und
     Assoziationsmöglichkeiten gelassen werden. Hier wird die Phantasie und Kreativität der
     SchülerInnen in besonderer Weise angesprochen.
     Eine neutrale oder wertfreie Präsentation kann es in diesem Sinne nicht geben - auch die
     sachlich-offene Variante geht mit einer Vorentscheidung einher, immer vorhandene
     Planungsüberlegungen eben gerade nicht mitzuteilen.
·      Ein - auch dem Leitungsteam nicht immer bewußtes - Signal, wieviel Raum der Bilder- und Symbolsprache in der Arbeit eingeräumt werden soll, wird auch mit der Gestaltung des äußeren Rahmens gesetzt. Ein kahler und spartanisch eingerichteter Raum spricht eine andere Sprache als ein Raum, der z.B. mit Hilfe von Tüchern, Bildern und kleineren Gegenständen dekoriert worden ist. Und eine Übung auf einer romantischen Waldlichtung weckt andere Assoziationen als die gleiche Übung auf einem betonierten Parkplatz. Aber auch das Ästhetische sollte nicht unreflektiert zum Selbstzweck werden, denn es geht in der Regel nicht ausschließlich um „schöne“ Lernerfahrungen.
·      Manche Arbeit auf der metaphorischen Ebene findet statt, ohne daß man sich dessen bewußt ist, etwa wenn ein von einem Schüler oder einer Schülerin benutztes sprachliches Bild aufgegriffen und „weitergesponnen“ wird. Eine gezieltere Arbeit mit metaphorischen Elementen kann auf eine Vielzahl von Medien zurückgreifen. Im Zusammenhang der Reflexion wurden bereits Malutensilien, Ton und andere gestalterische Medien genannt. Auf der sprachlichen Ebene können Zitate, Märchen und fiktive oder reale Geschichten vorgetragen werden. Phantasiereisen können einen thematischen Rahmen abstecken und gleichzeitig viel Freiheit zur Entdeckung individueller Bilder geben. Elemente aus dem Bereich des Theaters schließlich eröffnen schier unerschöpfliche Möglichkeiten analoger Kommunikation.

In der Sprache der Bilder steckt zweifelsohne ein großes Potential zur Begleitung von Lern- und Entwicklungsprozessen. Es verantwortungsvoll zu nutzen ist hingegen keine leichte Aufgabe. Während wir alle beständig in Metaphern denken und kommunizieren, haben wir meist sehr wenig Erfahrung im bewußten Umgang mit der Bilder- und Symbolsprache. Eine eingehendere Beschäftigung mit den hier skizzierten methodischen Ansätzen ist daher unabdingbar, wenn deren Nutzung in Betracht gezogen wird. Wichtiger aber noch als methodische Kompetenzen dürfte bei der Arbeit mit Metaphern ein Vertrauen in die eigene Intuition sein, auf dessen Hintergrund bedeutungsgeladene Äußerungen und Situationen spontan aufgegriffen werden können. Intuition läßt sich schulen. Dazu wiederum dürften sich Lernsituationen, in denen man selbst betroffen ist, oft als die besten erweisen.

2.3. Werteentdeckung

„Wo die Visionen fehlen, verkommen die Menschen.“
Salomon

In Kurt Hahns Motto „Lernen mit Kopf, Herz und Hand“ klingt noch eine andere Dimension an, ohne die ein Lernverständnis nicht wirklich ganzheitlich wäre. In dem Begriff Herz steckt mehr, als wir normalerweise mit der moderneren Formulierung „emotionales Lernen“ verbinden. Angesprochen ist hier auch das Feld der Werte, des Sinns und der Spiritualität. Damit verbinden sich schwierige und sehr sensible Fragen, weshalb es pragmatische Tendenzen gibt, sie aus dem Unterricht weitgehend fernzuhalten. Doch Wertneutralität ist eine Illusion. Paolo Freire akzentuiert das bewußt provokant: „Erziehung kann niemals neutral sein. Entweder ist sie ein Instrument zur Befreiung des Menschen, oder sie ist ein Instrument seiner Domestizierung, seiner Abrichtung für die Unterdrückung“ (1973, 13). Wie auch immer man dazu stehen mag, tut man sicher gut daran, sich über die eigenen grundlegenden pädagogischen Ziele klar zu werden. „Wenn unsere Entscheidungen über das, was wir unterrichten nicht auf unseren innersten Überzeugungen basieren, verselbstständigen sich die Materialien und Methoden, die wir benutzen, und werden zum Selbstzweck“ (Levy 1996, 18, Übers. rg). Werte werden auch dann unserem Handeln zugrunde liegen, aber wir treffen die Entscheidungen nicht mehr selbst, jedenfalls nicht bewußt. „Zu häufig werden wir von unseren unbewußten Annahmen eingeschränkt und von denen, die wir aus der Tradition der Vergangenheit übernommen haben, gesteuert“ (ebd.).
Wenn wir uns über unsere zentralen Werte klar werden, diese offenlegen und bereit sind, uns mit anderen darüber auseinanderzusetzen, dann schaffen wir damit auch einen gewissen Schutz gegen die Manipulation und den Mißbrauch von Konzepten. Davon war die Erlebnispädagogik und in einem weiteren Kontext das ganzheitliche Menschen- und Weltbild ja schon in besonderer Weise betroffen, worauf beispielsweise Roszak (1992, 167) hinweist. Die Nationalsozialisten griffen das ganzheitliche Konzept auf und verzerrten es bis zur Unkenntlichkeit, indem sie ihm ihr völkisch-rassistisches Denken überstülpten. Erlebnispädagogische Ansätze benutzten sie dazu passend in der Hitlerjugend.

An welchen Werten aber orientiert sich die Erlebnispädagogik? Kimball und Bacon merken an, daß „Hahn´s Einsatz für Erfahrungslernen und intellektuelle Freiheit ein ebenso engagierter Einsatz für ein relativ traditionelles Set persönlicher Werte gegenüberstand“ (1993, 12, Übers. rg). Ebenso wie Dewey (1916) sah Hahn eine wesentliche Aufgabe der Schule in der Erziehung zu mündigen Staatsbürgern. Und ähnlich wie Kohlberg (1982) betrachteten beide die Schule als ein praktisches Lernfeld im Sinne eines Abbildes der Gesellschaft.
Das hat die Erlebnispädagogik bis heute geprägt. In besonderer Weise geht es ihr um soziales Lernen, um das Bemühen, dem Nebeneinander und dem Gegeneinander, welche den Alltag in den westlichen Gesellschaften prägen, ein lebendiges Miteinander entgegenzustellen. Ganz konkret hat das seinen Niederschlag im sozialen Projekt gefunden, das unter dem Begriff „service learning“ insbesondere in der amerikanischen „experiential education“ einen festen Platz hat. Aber auch in vielen anderen erlebnispädagogischen Arbeitsprinzipien manifestiert sich diese grundlegende Zielsetzung:
·      Medien, in denen das Prinzip gegenseitiger Abhängigkeit und Verantwortung symbolisch und praktisch zum Ausdruck kommt, haben gegenüber rein individuellen Aktivitäten den Vorzug. Zwei Beispiele dafür wären
- das Klettern, bei dem die Interaktion zwischen Kletternden und Sichernden von zentraler
Bedeutung ist, gegenüber dem Bungeejumping, bei dem die Verantwortung für die Sicherheit
des Sprungs ganz von Außenstehenden übernommen wird.
- das Kanufahren mit Kanadierbooten, in denen ein ständiges Bemühen um Koordination die
Voraussetzung des Fortkommens ist, gegenüber dem Kayak, das von einer Person ganz
alleine gesteuert wird.
·      Aufgaben, die Kooperation nahelegen oder erfordern, werden gegenüber solchen bevorzugt, in denen Konkurrenz und Wettbewerb im Vordergrund stehen. Die kooperativen Abenteuerspiele, auch unter der Bezeichnung Initiativ- und Problemlösespiele bekannt, sind der Prototyp dieser Spielform, die aus der erlebnispädagogischen Arbeit hervorging und immer weiter entwickelt worden ist.
·      Konflikte werden nicht als unangenehme und möglichst zu vermeidende Ereignisse angesehen, sondern als Lernchancen, die geradezu in den Vordergrund des erlebnispädagogischen Prozesses gerückt werden.

Einen weiteren bedeutungsvollen Wertehintergrund stellt das Naturverständnis in der Erlebnispädagogik dar. Outdoor-Aktivitäten, Expeditionen und Rettungsdienste waren von Anfang an und sind z.T. bis heute zentrale Medien, über die Erlebnispädagogik sich entfaltet. Ein großer Teil des Geschehens spielt sich in der Natur ab. Die Bewahrung von Naturräumen und -schönheiten hat von daher einen hohen Stellenwert bekommen. Die Vorstellung von der Ursprünglichkeit, Unberührtheit und Wildheit der Natur, die in dem englischen Ausdruck „wilderness“ prägnant zum Ausdruck kommt, hat darüber hinaus einen fast spirituellen Charakter. Miles (1993) legt sehr eindrucksvoll dar, welches heilsame Potential in der Berührung mit ursprünglichen Naturlandschaften - wie wir sie ja leider kaum noch haben - liegt.
Andererseits steht die Erlebnispädagogik in einem durchaus ambivalenten Verhältnis zum Naturschutz, trägt sie doch durch eine gezielte Nutzung von Naturlandschaften auch zu deren Bedrohung bei. Einige Impulse für das praktische Handeln in diesem Spannungsfeld könnten sein:
·      Naturräume dürfen nicht als reine Nutzräume mißbraucht werden. Die Felsen, an denen geklettert wird, dürfen nicht zu Sportgeräten verkommen. Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, dieser Gefahr zu begegnen: die Einbettung von Aktivitäten mit einem sportlichen Charakter in einen umfassenderen Kontext, das Aufsuchen von ungewöhnlichen Orten zu ungewöhnlichen Zeiten wie Nacht, Dämmerung oder Morgengrauen, und die Anregung von Assoziationen und Gedanken duch das Vorlesen kurzer Texte sind einige davon. Am wichtigsten dürfte sich wohl das innere Verhältnis der LehrerInnen selbst zur Natur, das in tausend kleinen Dingen zum Ausdruck kommt, erweisen.
·      Naturschutz kann sich nicht auf die Verhinderung oder Bekämpfung von Gefahren, etwa in Form des strikten Verbleibens auf ausgezeichneten Wegen oder des Einsammelns von Müll beschränken. Zu groß ist die Wahrscheinlichkeit, daß die allein von einer solchen Erziehung Betroffenen sich über kurz oder lang angesichts eines allgegenwärtigen Gefühls von Schuld und Hoffnungslosigkeit (Roszak 1992, 35ff) ganz von dem Thema abwenden dürften. Mindestens genauso wichtig ist es, Gelegenheiten zu schaffen, angesichts derer die SchülerInnen sich selbst in der Natur intensiv erleben und gut fühlen können. An solchen Gelegenheiten wiederum mangelt es in der Erlebnispädagogik nicht.
·      Wo die ursprüngliche Natur nicht mehr vorhanden ist oder nur noch durch weite Reisen zu erreichen wäre, gilt es, Schönheit und Ursprünglichkeit im Kleinen zu entdecken bzw. wiederzuentdecken. Naturerfahrungsspiele, in denen die Sinne auf vielfältige Weise angeregt werden, auf Entdeckungsreise zu gehen, bieten sich als ein Medium dazu an.

Seit den Anfängen Kurt Hahns hat sich das Werteverständnis der Erlebnispädagogik weiterentwickelt. Wenngleich das Einstehen für bestimmte Werte weiterhin in der Praxis zum Ausdruck kommt, hat sich die Sichtweise von einer Werteerziehung zu einer Werteentdeckung verschoben. „Für Lernende und Lehrende sollen Gelegenheiten geschaffen werden, die eigenen Werte zu erfahren und zu überprüfen“ (Luckmann 1996, 7, Übers. rg). In dieser Formulierung, welche die Association for Experiential Education (AEE) im Zusammenhang ihrer Leitprinzipien veröffentlicht hat, spiegelt sich die Betonung eines erfahrungsorientierten und selbstbestimmten Lernens wider.
Am eindringlichsten bringt vielleicht Heinz von Foersters ethischer Imperativ das aktuelle Werteverständnis der Erlebnispädagogik zum Ausdruck: „Handle stets so, daß die Anzahl der Wahlmöglichkeiten erhöht wird“ (v.Foerster, zit. nach Portele 1992, 212). Darin klingt eine gewisse Skepsis vor „richtigen“ Werten und einfachen Lösungen an. Und deutlich wird auch, daß kein noch so bewährtes Wertesystem den SchülerInnen die Verantwortung vor immer wieder neuen Werteentscheidungen nehmen kann.

2.4. Leichtigkeit, Humor, Kreativität

„If you take yourself too seriously, no one else will.“
Karl Rohnke

Herausforderung, Problemlösung, Reflexion, analoge Kommunikation, Werteentdeckung...
Wer all diese „Dinge“ zu ernst nimmt, läuft Gefahr von ihnen erdrückt zu werden. Hinter der oft locker-flockigen Fassade der Erlebnispädagogik versteckt sich ein anspruchsvoller Ansatz. Mit diesem Anspruch sollte idealerweise wiederum eine gewisse Gelassenheit einhergehen, die es erlaubt, auch sich selbst gelegentlich in Frage zu stellen.
Spaß, Ausgelassenheit und Humor sind Formen des Ausdrucks einer solchen gelassenen Grundeinstellung. Sehr klar erkannt und konsequent in ihre Praxis umgesetzt hat das die Gruppe Project Adventure (siehe z.B. Rohnke&Butler 1995). Im Kontext der von ihm entwickelten, weiterentwickelten bzw. gesammelten Spiele und in Anspielung auf das englische Wort „fun“ ist Karl Rohnke sogar so weit gegangen, den Begriff „funn“ - functional understanding not necessary - zu prägen (Rohnke 1996).
Wenngleich damit nicht gemeint ist, daß die LeiterInnen nicht mehr wissen, was sie tun - in unserem Kulturkreis tun wir uns schwer, so etwas als seriöse Pädagogik zu akzeptieren. Gedanklich wie praktisch tendieren wir dazu, Spiel und Spaß vom Ernst des Lebens abzusondern. Spaß bekommt dadurch einen Beigeschmack von Unterhaltung, Flachheit und Bedeutungslosigkeit. Schoel et al. (1988, 21) machen darüber hinaus darauf aufmerksam, daß viele Jugendliche Humor in ihrem Leben vorwiegend in seiner sarkastischen Form - als Waffe, um andere abzuwerten - kennengelernt haben mögen. Humor kann aber auch gerade das Gegenteil sein: eine Brücke zur Verständigung und Begegnung gerade auch in Situationen, in denen die Kommunikation ansonsten schwierig ist.
Auf dem Hintergrund solcher Überlegungen plädiert Nussbaum (1993) dafür, im erlebnispädagogischen Prozeß Erfahrungen des miteinander Spaß habens zu fördern und lebendige Beispiele dafür zu schaffen, daß Leichtigkeit und Humor integrale Bestandteile ernsthaften Lernens sein können.

Kein Medium ist dafür wohl geeigneter als das Spiel. Es hat eine besondere Qualität, die Levy (1978, 12ff) in der Formulierung „suspension of reality“ zum Ausdruck bringt: die Alltagsrealität ist außer Kraft gesetzt, alle Handlungen sind innerhalb des Spiels bedeutungsvoll und doch ohne schwerwiegende Konsequenzen. Anders ausgedrückt: das Spiel ist eine weitgehend geschlossene Gestalt, überschaubar in seinen Zusammenhängen, wenig belastet von anderen Lebensereignissen und sinnvoll in sich selbst. Ein Experimentieren mit neuen Verhaltensmöglichkeiten wird dadurch leichter. Man kann im Spiel etwas ausprobieren, was man sich sonst nicht erlauben würde.
Spielen ist eine Gelegenheit loszulassen und Fassaden abzulegen. Gerade das kann aber auch Ängste auslösen. Einige Anregungen können vielleicht dazu beitragen, auch den SchülerInnen, die sich damit schwertun, ein bißchen Leichtigkeit zu vermitteln:
·      Viele Spiele lassen ein Mitspielen der LehrerInnen problemlos zu. Das gilt insbesondere für die vielen Aufwärmspiele, die immer wieder in den Programmablauf eingebaut werden können. Diese Chancen sollten vom Leitungsteam genutzt werden, um aus dem Spiel heraus einen leichten Ton zu setzen und die SchülerInnen durch die eigene Begeisterung mitzureißen.
·      Die größte Angst beim Spielen ist wohl die, sich lächerlich zu machen. Ihr kann man am besten mit einer Portion eigener Unbeschwertheit begegnen. Wo immer es paßt, sollte man daher auch nicht davor zurückschrecken, sich selber einmal zum Clown zu machen. Das ist wohl das überzeugenste Signal, welches man senden kann, um deutlich zu machen, daß es völlig o.k. ist, nicht immer alles unter Kontrolle zu haben.
·      Leichtigkeit, Humor und Kreativität sind nicht auf das Spielen beschränkt. Gerade auch Phasen wie Reflexionen, mit denen man einen ernsten Grundton verbindet, können aufgelockert werden, ohne daß dadurch Ernsthaftigkeit verloren gehen muß. Ein Beispiel dafür ist der Einsatz einer Sammlung von Schlümpfen, mit Hilfe derer die SchülerInnen bestimmte Erfahrungen symbolisch zum Ausdruck bringen können.

Leichtigkeit hat einen Wert in sich. Ohne ihr Pendant, die Schwere, droht sie zur Belanglosigkeit zu verkommen. Beide stehen in einem Spannungsfeld, das sie miteinander verbindet. Milan Kundera bringt das bedeutungsschwer zum Ausdruck: „Der Gegensatz  schwer - leicht ist der geheimnisvollste und ambivalenteste aller Gegensätze“ (1984, 12, Übers. rg). Auch in der Erlebnispädagogik gilt es, diese beiden Pole angemessen auszubalancieren. Man muß erkennen, wann einer Gruppe eine Phase spielerischer Ausgelassenheit gut tun würde, und wann es besser ist, sie mit einer schwierigen Aufgabe, einem Problem oder gar einer Krise sich selbst zu überlassen. Eine Gebrauchsanweisung dafür kann es wieder einmal nicht geben.
Am besten ist es, wenn es einem gelingt, einen Grundton der Leichtigkeit und Ernsthaftigkeit zu finden, und diesen als roten Faden durch das gesamte Geschehen zu ziehen. Ein solches Wesen ist im Humor bereits angelegt, wie die Lehrerin und Kindertherapeutin Torey Hayden an sich selbst beobachtet hat: „Oft waren die Dinge, über die ich gelacht habe, genau betrachtet eigentlich tragisch. Vielleicht ist der größte Zauber des menschlichen Geistes die Fähigkeit zu lachen: über uns selbst, über einander, über unsere manchmal hoffnungslose Situation“ (1980, 139, Übers. rg).

3. Selbstorganisation

„Die Geschichte der Erziehungswissenschaft ist durch den Gegensatz zweier Ideen geprägt: Erziehung ist Entwicklung von innen heraus, bzw. Formung von außen...“ (Dewey 1938, 17, Übers. rg). Dabei hat sich offensichtlich letztere Idee weitgehend durchgesetzt: „Das traditionelle Schema ist in seinem Kern eines der Auferlegung von oben und von außen“ (18). Das sind harte Worte, aber man muß sich vor Augen halten, daß Dewey hier kein Urteil über die Unterrichtspraxis einzelner LehrerInnen abgibt, sondern den Kern der Sache, die Grundstrukturen schulischer Organisation anspricht.
Und Schule in ihrer heutigen Form ist ihrem Wesen nach fremdbestimmt. Weder Kinder noch Jugendliche haben einen wesentlichen Einfluß darauf, ob, wann und wohin sie zur Schule gehen. So wesentliche Fragen wie die, was sie lernen, von wem sie unterrichtet werden und mit wem sie lernen, werden nicht von, sondern für die SchülerInnen entschieden. Schule macht keine Lernangebote, sie setzt die Inhalte des Lernens bis hin zu den Hausaufgaben fest. Und schließlich beurteilt sie die Resultate dieses Lernens, statt den Lernenden zu helfen, ihre Fähigkeiten und „Produkte“ selbst einzuschätzen.
Untrennbar damit verbunden, wenngleich weniger augenfällig ist, daß es den LehrerInnen selbst nicht viel anders ergeht. Auch sie durchlaufen einen Ausbildungsprozess, der durch Fremdkontrolle bestimmt ist, werden Schulen zugewiesen, und haben detaillierte Auflagen, was sie zu unterrichten, wie oft und auf welche Weise sie zu prüfen haben.
Natürlich lassen sich zu all den aufgezählten Fakten Ausnahmen finden und Relativierungen vornehmen. Aber es ist nicht zu übersehen, daß das Prinzip Fremdbestimmung weitreichende und tiefgreifende Spuren bei allen Beteiligten hinterläßt: SchülerInnen wie LehrerInnen fühlen sich machtlos gegenüber der Institution Schule, sie erleben sich als Rädchen im Getriebe, nicht als ihr Lernen und Lehren selbst und gemeinsam Gestaltende.

Auch hier läßt sich ein größerer Zusammenhang erkennen: „In allen evolutionären Prozessen gibt es ein Wechselspiel von unbeherrschbarem Chaos und kontrollierbarer Ordnung, und seit Jahrtausenden versuchen die Menschen, das Chaos zugunsten der Ordnung zu verbannen...“ (Fuhr&Gremmler-Fuhr 1995, 28). Roszak (1992) analysiert, daß dieses starke Bedürfnis nach Kontrolle u.a. im Weltbild der Naturwissenschaften verankert ist. In Abgrenzung zur Theologie galt bzw. gilt z.T bis heute ein grundlegendes Axiom als unantastbar: die Annahme, daß alle Phänomene dieser Welt letztlich auf Zufall beruhen. Wo aber ein inneres oder sinngebendes Steuerungssystem fehlt, muß der Mensch versuchen, die Dinge zu kontrollieren so gut er kann. Ein im existentialistischen Sinne hoffnungsloses Unterfangen obendrein angesichts einer Gesetzmäßigkeit, die unter dem Begriff Entropie als zweiter Hauptsatz der Thermodynamik bekannt wurde. Sie besagt, daß jedes geschlossene physikalische System sich spontan in Richtung einer ständig zunehmenden Unordnung bewegt.
Auf dem Hintergrund von Forschungen im Bereich der Biologie (Maturana&Varela1987), der Biochemie (Lovelock 1991, Margulis&Sagan 1995) und der Chemie (Prigogine&Stengers 1981), über die Capra(1996) einen Überblick gibt, wurde dem Prinzip Zufall in den letzten Jahren ein grundlegend anderes Weltverständnis entgegengesetzt: das Prinzip Selbstorganisation. Im Kern geht es dabei um die Erkenntnis, daß lebende Systeme von innen heraus bestimmt sind. Kräfte von außen können das System beeinflussen - und sie tun das unentwegt, da lebende Systeme sich in einem ständigen Austausch mit ihrer Umwelt befinden - aber die Richtung und die Art und Weise, wie diese Einflüsse sich auswirken, können nicht vorausgesagt werden. Sie werden durch die innere Struktur des Systems - seine Geschichte - determiniert.

Eng verbunden mit der Selbstorganisationstheorie ist die Position des Konstruktivismus, die in den Sozialwissenschaften eine zunehmend bedeutsame Rolle spielt. Ausgehend von der Feststellung, daß alle Wahrnehmung subjektiv ist, wird die Möglichkeit objektiver Aussagen über die Welt grundsätzlich in Frage gestellt. Über das, was wir im allgemeinen für unsere Entdeckungen über die Wirklichkeit halten, besteht nur auf den ersten Blick Konsens. Genauer betrachtet unterscheiden sich die jeweils individuellen Bilder, sind unterschiedliche Konstruktionen, letztlich Erfindungen. „Die Umwelt, so wie wir sie wahrnehmen, ist unsere Erfindung“ (v. Foerster 1981). Und: „Wir konstruieren eine, nicht die Welt“ (Portele 1992, 33). Mehr noch, unsere Konstruktionen sind immer auch sozial bestimmt: „Wirklichkeit ist nichts Absolutes, sie ändert sich mit der Gruppe, zu der das Individuum gehört“ (Lewin, zit. nach Portele 1992, 33).

Selbstorganisationstheorie und Konstruktivismus sind im wahrsten Sinne des Wortes radikale Konzepte, sie gehen an die Wurzel unseres Denkens. Nicht weniger wichtig dürfte die „Tatsache“ sein, daß sie auch an die Wurzel unserer Gefühle gehen, denn die Aufgabe des Strebens nach Steuerung und Kontrolle, den sie den PädagogInnen nahelegen, muß letztlich getragen werden von einem grundlegenden Vertrauen in die inneren Selbststeuerungskräfte des Menschen. Dabei geht es nicht um den Verzicht auf Erziehung. Das wäre sogar eine andere gefährliche Illusion. Auch Interventionen, die soweit wie möglich vom Indiviuum bzw. der Gruppe und ihrer Geschichte ausgehen und die sich als Anregungen sehen, haben Macht und Richtung. Und dafür müssen PädagogInnen weiterhin Verantwortung übernehmen. Kontrolle, im Sinne einer Selbstkontrolle der eigenen Interventionen ist in diesem Sinne ein wichtiger Bestandteil verantwortlichen Erziehung.

Trotz der langen Vorherrschaft des mechanistischen Kontrollparadigmas, das mit seinen Vorstellungen von der Notwendigkeit starrer Ordnungen, Regeln und Hierarchien das schulische Selbstverständnis nachhaltig geprägt hat, gab und gibt es immer wieder Ansätze in Richtung Selbstorganisation in der Reformpädagogik. Drei Aspekte, die auch in der aktuellen Diskussion um die Weiterentwicklung von Schule eine mehr oder weniger zentrale Rolle spielen, sollen kurz hervorgehoben werden.
Das Prinzip des offenen Unterrichts: Wenn Menschen von innen heraus bestimmen, was für sie wichtig ist und wie sie Lernangebote letztendlich nutzen, dann ist es geradezu widersinnig und mit ungeheuren Verlusten an Energie verbunden, allen das Gleiche vorzusetzen und in einem einheitlichen Tempo vorzugehen.
Das Prinzip der demokratischen Schulgemeinschaft: Wenn die Fähigkeit zur Selbstorganisation auch auf den sozialen Bereich, auf Gruppen und Institutionen also, übertragen werden kann - und das ist ja eine der Grundannahmen des demokratischen Gesellschaftsverständnisses - dann ist es eine gefährliche Unterlassungssünde, dafür in der Schule keine relevanten Übungsfelder bereitzustellen.
Das Prinzip der Autonomie von Schule: Wenn es - analog zur Vielfalt individueller Lernwege - eine Vielfalt von sinnvollen Lernangeboten geben kann, dann bedeutet eine Verhinderung dieser Vielfalt auch eine Einschränkung der individuellen Lern- und
Entwicklungsmöglichkeiten.

Die zentrale Aufgabe der Pädagogik aus der Sicht der Selbstorganisationstheorie ist die Unterstützung der Fähigkeit zu selbstbestimmtem und selbstverantwortlichem Lernen. Was kann die Erlebnispädagogik dazu beitragen? Sie bietet vor allem einen exemplarischen Rahmen, innerhalb dessen Selbstorganisation von der Zielsetzung, über den Lernprozess selbst bis hin zur Bewertung praktiziert und reflektiert werden kann.

3.1. Selbstgesteckte Ziele

„Auf den Gipfeln der Berge wirst Du soviel Glück finden, wie Du mitbringst.“
Zen-Spruch

Selbstorganisation von Gruppen beginnt damit, daß die an einem Handlungsprozess Beteiligten sich klar darüber werden, was sie erreichen wollen. Das klingt relativ banal und ist doch in sich bereits ein oft mühsamer und zugleich lohnenswerter Prozess.
Angesichts der vielen inhaltlichen und organisatorischen Vorgaben, die Schule normalerweise macht, mangelt es SchülerInnen wie LehrerInnen an konkreten Erfahrungen im Aushandeln von Zielen. Auch in der Erlebnispädagogik ist die Versuchung groß, über den Prozess der Zielfindung und Zielsetzung relativ schnell hinweg zu gehen. Für die LehrerInnen liegen die Lernziele im Bereich der Persönlichkeitsentwicklung ja geradezu auf der Hand: Stärkung des Selbstwertgefühls und Förderung sozialer Kompetenzen sind schließlich integrale Bestandteile des Programms, mit dem die Erlebnispädagogik antritt.
Für die Jugendlichen sieht die Situation jedoch etwas anders aus. Sie haben sich anhand ihrer Erfahrungen im Laufe der Jahre ein Bild von Schule gemacht, in das ein Angebot zur Persönlichkeitsentwicklung nicht mehr recht zu passen scheint. Es liegt daher nahe, daß sie Erlebnispädagogik zunächst einmal als das wahrnehmen, als was sie sich rein äußerlich darstellt: ziemlich ungewöhnliche Aktivitäten, die eine Unterbrechung der schulischen Routine versprechen. Die Idee, daß die Beschäftigung mit diesen  Aktivitäten über den unmittelbaren Spaß hinaus im Sinne exemplarischer Lernerfahrungen etwas zu bieten hat, ist keineswegs einfach zu vermitteln. Und SchülerInnen können durchaus berechtigte und ernst zu nehmende Bedenken gegen diese neuen pädagogischen Intentionen zu erkennen geben, denn schließlich soll es dabei um ihre persönlichen Gewohnheiten, Gefühle und Werte gehen.

Arbeit an sich selbst im Sinne selbstgesteckter Ziele kann immer nur ein Angebot sein. Ein Angebot allerdings, das zu machen es gute Gründe gibt. Lewin (1944, zit. nach Schoel et al. 1988, 16) legt dar, daß Menschen sich dann erfolgreich fühlen, wenn
- sie in der Lage sind, für sich selbst Ziele festzulegen,
- ihre Ziele einen Bezug zu ihren zentralen Bedürfnissen und Werten haben,
- sie in der Lage sind, Wege zu beschreiben, die zum Erreichen der Ziele führen,
- ihre Ziele auf einem realistischen Level liegen, weder zu hoch noch zu niedrig, aber hoch
  genug, um eine Herausforderung darzustellen.
Persönliche Zielsetzung ist so gesehen eine Kunst und ein nicht zu unterschätzender Faktor, der zu einer befriedigenden Lebensgestaltung beitragen kann. Wer sich selbst bedeutungsvolle und realistische Ziele stecken kann, dessen Wünsche werden weniger leicht von den Interessen anderer gesteuert und mißbraucht werden können.

Einige praktische Aspekte der Arbeit an und mit Ziuelen sind:
·      Die Idee der Arbeit an eigenen Zielen sollte gleich zu Beginn des gemeinsamen Prozesses eingeführt werden, im Bewußtsein, daß viele Jugendliche sie sich erst mit der Zeit zu eigen machen werden. Ziele können sich nach und nach entfalten. Relativ schnell stoßen die SchülerInnen darauf, daß es unumgänglich ist, sich mit dem Gruppenprozess auseinanderzusetzen, wenn sie ihn nicht einfach nur erdulden wollen. Gruppenbezogene Ziele werden daher in der Regel als erste formuliert werden, und sie haben den Vorteil, daß sie sich auf die unmittelbare Realität des Gruppengeschehens beziehen und an dieser immer wieder überprüft werden können. Individuelle Ziele verlangen ein höheres Maß an gedanklicher Auseinandersetzung der Jugendlichen. Allem vorweg setzen sie einen authentischen Wunsch nach Entwicklung oder Veränderung voraus, und werden daher erfahrungsgemäß in unterschiedlich starkem Ausmaß von den SchülerInnen formuliert werden.
·      Ziele sind nichts Statisches. Sie können und werden sich im Verlauf der gemeinsamen Arbeit verändern. Anfängliche Zielformulierungen stellen so gesehen seine Ausgangsbasis dar, auf die man immer wieder mit der Einstellung zurückkommen sollte, sie auf ihre Bedeutung für die aktuelle Situation zu hinterfragen und gegebenenfalls umzuformulieren. Nichts wäre in diesem Sinne kontraproduktiver, als das Erreichen von Zielen abzuhaken, oder gar SchülerInnen auf einmal formulierte Ziele festlegen zu wollen.
·      Wo die Formulierung eigener Ziele nur zögerlich in Bewegung kommt, ist es möglich, Anstöße unterschiedlicher Art zu geben. So kann man z.B. Symbole dafür, wo die Gruppe hin will, wo sie nicht hin will und auch für die Gruppe selbst vorschlagen oder erarbeiten lassen. Man kann die SchülerInnen bitten, ein oder zwei individuelle Ziele auf Zettel zu schreiben und gelegentlich einen Blick darauf zu werfen. Schließlich ist es sogar möglich, das Nachdenken über Ziele durch exemplarische Listen möglicher Ziele anzuregen. Je mehr Vorgaben man allerdings macht, um so größer ist auch die Gefahr, daß SchülerInnen Impulse aufgreifen, ohne wirklich dahinter zu stehen.
·      Gelegentlich macht es Sinn, von den SchülerInnen formulierte Ziele zu hinterfragen. Das ist insbesondere dann der Fall,wenn
- die Ziele unrealistisch sind. Ziele, die auf einem zu hohen Level angesiedelt sind, beinhalten die Gefahr wiederholter Mißerfolgserlebnisse. Es kann daher eine große Hilfe für den Schüler oder die Schülerin sein, das Ziel auf ein erreichbares Maß herunterzuholen.
- die Ziele zu abstrakt sind. Die Gefahr ist hier, daß es der oder dem Jugendlichen nicht gelingt, eine Beziehung zwischen dem Ziel und dem Kursgeschehen herzustellen. Eine angemessene Hilfe besteht darin, daß Ziel so konkret wie möglich zu formulieren.
- die Ziele unglaubwürdig sind. Natürlich wittern manche SchülerInnen beim Thema Ziele den pädagogischen Zeigefinger. In einem solchen Fall ist es am besten, sie damit zu konfrontieren, daß erst mal gar kein Ziel zu haben besser ist, als ein scheinbares Ziel vor sich her zu schieben.
·      Wenn man Ziele formulieren läßt, muß man sie auch ernst nehmen. Hinter den Zielen können nämlich lebensgeschichtliche Erfahrungen stehen, die weit über das aktuelle Geschehen hinaus reichen, und die für die Betroffenen eine hohe Sensibilität zur Folge haben. Das bedeutet u.a., daß das Programm sich an den Zielen orientieren muß, d.h. man muß Aktivitäten anbieten, anläßlich derer die genannten Ziele sich auch realisieren lassen. Aus der Perspektive individueller Zielsetzungen verändert sich auch das Verständnis der Herausforderungen. Im Vordergrund steht nicht mehr die erfolgreiche Bewältigung einer Aktivität, sondern das Herangehen an diese Aktivität in einer den Zielen des Individuums angemessenen Weise. Angesichts der persönlichen Zielsetzung „mich nicht ständig zu überfordern“ kann die Herausforderung bei einer schwierigen Aufgabe z.B. gerade darin liegen, rechtzeitig „nein“ zu sagen. Für die LehrerInnen wird die Arbeit damit natürlich wesentlich komplexer. Eine Fixierung auf die erfolgreiche Bewältigung von Aufgaben geht u.U. am Kern der Sache vorbei.

Das Prinzip der Arbeit an Zielen, welche die SchülerInnen sich selbst stecken, negiert nicht die Bedeutung von Zielen, welche die LehrerInnen ihrerseits haben. Diese „Metaziele“ bestimmen ja in ganz entscheidender Weise den Charakter des erlebnispädagogischen Angebots. Die Ziele der SchülerInnen sind aber quasi der Treibstoff, ohne den dieses Angebot nicht recht in Schwung kommen kann. Oder in der Sprache der Selbstorganisationstheorie: mit selbstgesteckten Zielen knüpft man an die innere Struktur des Systems an, welche letztlich die Auswirkungen äußerer Einflüsse bestimmt.

3.2. Selbstgesteuerter Prozess

„Entwirf Deinen Reiseplan im großen,
und laß Dich im einzelnen von der bunten Stunde treiben.“
Kurt Tucholsky

Exakte Steuerbarkeit und Voraussage der Ergebnisse sind Illusionen, die bereits im naturwissenschaftlichen Bereich an ihre Grenzen stoßen. Und doch geht das klassische Verständnis von Unterrichtsplanung davon aus, über eine dosierte Steuerung von Lernimpulsen bei allen SchülerInnen einen vergleichbaren Lernprozeß zu erreichen.
Konsequent für das pädagogische Feld weiter gedacht impliziert der Grundgedanke der Selbstorganisation aber vielmehr einen Ansatz, in dem durchdachte Impulse viele unterschiedliche Lernprozessse auslösen, die zwar miteinander in Beziehung stehen, sich jedoch immer wieder auch in ganz eigene Richtungen bewegen.
Damit diese Lernprozesse Sinn machen, ist es unverzichtbar, daß die SchülerInnen weitgehend selbständig Entscheidungen treffen können. Wolfgang Hinte (1990) fordert in diesem Sinne eine „non-direktive Pädagogik“. „Non-direktiv meint... das konstante Bemühen, dem Lernpartner die Verantwortung und die (möglichst) volle Entscheidungsfreiheit zu belassen, wie, wo, mit wem, was und wodurch er lernen will“ (ebd., 91).
Das ist eine radikale Vision selbstorganisierten Lernens. Aber auch Hinte räumt ein, daß auf dem Weg zu dieser Vision erst viele kleine Schritte gemacht werden müssen. „Selbstbestimmtes Handeln kann nur nach und nach gelernt werden, es ist nicht einfach da oder stellt sich automatisch ein. Wer ständig fremdbestimmt gelebt hat, ist nicht ohne weiteres in der Lage, selbstbestimmt zu handeln. Oder noch bedenklicher: er hält Selbstbestimmung häufig gar nicht mehr für erstrebenswert. Deshalb müssen zunächst in kleinen Freiräumen vorsichtige Erfahrungen mit Selbstbestimmung gemacht werden, die vielleicht dazu ermutigen, sich weitere Freiräume zu schaffen“ (ebd., 113-114).

Genau das ist der Ansatz der Erlebnispädagogik. Sie steht quasi konzeptionell in einem Spannungsfeld von Direktivität und Non-Direktivität, wenn ganz gezielt Freiräume geplant, vorbereitet und angeboten werden, in denen Jugendliche dann eine weitgehende Autonomie und Entscheidungsfreiheit haben. Das ist das, was Fürst als die „Dynamik der unfertigen Situation“ bezeichnet und Hovelynck als „offenes Lernfeld“.
Eine solche Arbeit beinhaltet im Vorfeld eine sehr sorgfältige, an den Bedürfnissen und Zielen der SchülerInnen orientierte Planung. Während der Aktivitäten dagegen ist eine konsequente Prozessorientierung erforderlich. Das bedeutet, daß den SchülerInnen die volle Verantwortung für das, was sie aus einer Aufgabe oder Aktivität machen, zugemutet wird, und daß sie bei ihren Lösungsversuchen, aber auch auf ihren Umwegen oder in ihren Sackgassen nicht von den LehrerInnen gestört werden. Sinnvoll und zulässig sind in diesem Sinne nur Interventionen, die dazu dienen, das Bewußtsein für das, was in diesem Prozess gerade abläuft zu schärfen. Soviel Zurückhaltung und Konzentration auf den Prozess stellt natürlich gerade für LehrerInnen, die es normalerweise als ihre Aufgabe betrachten Inhalte zu vermitteln, eine große Herausforderung dar.
Prozessorientierung impliziert dabei keineswegs eine Geringschätzung der Inhalte. Vielmehr ist es ja so, daß in der Erlebnispädagogik gerade über spannende Inhalte die Chance eines intensiven Lernprozesses zwischen LehrerInnen und SchülerInnen angebahnt wird. Es ist die gemeinsame Sache (Portele 1992, 137ff), welche die Auseinandersetzung mit persönlichen und sozialen Themen in Gang bringt. Gerade weil ihnen die Radtour, die Kanuwanderung oder die spannende Problemlöseaufgabe etwas bedeutet, entwickeln die Jugendlichen vielleicht nach und nach die Bereitschaft, darüber nachzudenken, was und wie sie dazu beitragen, daß das gemeinsame Projekt gelingt oder mißlingt. Und eben diese Verantwortung für das Gelingen oder Mißlingen nehmen ihnen die LehrerInnen - im Gegenssatz zum meist viel stärker gelenkten Schulalltag - nicht ab, sie belassen sie im Gegenteil bewußt und betont bei den SchülerInnen.
Es geht also in letzter Konsequenz nicht darum, den Jugendlichen etwas Tolles zu bieten oder etwas Schönes mit ihnen zu machen. Prägnant, doch schwer übersetzbar, bringt Randolph DeLay das auf den Punkt: „Experiential education is not a series of activities done to a learner“ (1996, 80).

Keine andere Präsentation ist wahrscheinlich so gut geeignet, den SchülerInnen den Grundgedanken der Selbstverantwortung zu vermitteln wie das von Project Adventure formulierte Konzept „challenge by choice“ (Schoel et al. 1988, 130ff). Sinngemäß, wenngleich wenig elegant, ließe sich das als Konzept der selbstgewählten Herausforderung übersetzen. Mit „challenge by choice“ wird einerseits die Freiwilligkeit der Teilnahme und der durchgängige Angebotscharakter der Erlebnispädagogik hervorgehoben. Zum Ausdruck kommt darüber hinaus, daß Beteiligung keine Frage des „entweder oder“ ist, daß es vielmehr immer verschiedene Formen und Abstufungen im Grad des sich auf eine Herausforderung Einlassens gibt. „Challenge by choice“ beinhaltet also sowohl das Recht des „nein“-Sagens, als auch die Möglichkeit, im Rahmen einer jeden Situation ein eigenes „ja“ zu entwickeln.
Und schließlich schwingt in der Formulierung die essentielle Botschaft mit, daß Lernende nicht als Empfänger eines Programms, sondern als Gestaltende eines Prozesses, der sich von außen weder vorhersagen noch kontrollieren läßt, gesehen werden. „Challenge by choice“ eignet sich von daher, die Arbeit wie eine Art Leitmotiv zu begleiten.

Da das Prinzip der Selbstverantwortung für den Lernprozess das gesamte Konzept durchzieht, sind viele praktische Konsequenzen bereits genannt worden und sollen hier nur noch einmal kurz angedeutet werden:
·      Das Programm muß flexibel genug sein, um Anpassungen, Umstellungen oder gar völlige Veränderungen, die sich aus der Logik des Prozesses ergeben, zuzulassen.
·      Der zeitliche Rahmen muß so offen sein, daß ein selbstgesteuerter Prozeß sich auch wirklich  entfalten kann und nicht ständig abgebrochen oder durch neue Aktivitäten überlagert wird.
·      Spontane Entwicklungen müssen wahrgenommen und aufgegriffen werden. In ihnen bahnen sich häufig wertvolle Lernerfahrungen an, die im Vorfeld gar nicht planbar sind.
·      Last not least: der äußere Rahmen sollte das innere Konzept widerspiegeln. Selbstversorgung z.B ist in diesem Sinne weit mehr als ein ökonomisches oder rein praktisches Konzept.

3.3. Selbstbewertung

„Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit“
Sören Kierkegaard

Es liegt nahe, einen Lernprozess, dessen Ziele die Jugendlichen selbst abstecken und dessen Verlauf sie zunehmend selbst organisieren, auch von den Jugendlichen selbst bewerten zu lassen. Wenn am Ende hingegen die Erwachsenen wieder einmal das letzte Wort haben, drängt sich der Eindruck auf, daß es mit der Selbstorganisation doch gar nicht so ernst gemeint war. Doch das Prinzip der Fremdbewertung ist tief in der Schule verankert. So tief, daß die SchülerInnen, nachdem sie sich über so lange Zeit an die omnipräsente Herrschaft der Noten gewöhnt haben, Bewertungen und Vergleiche schließlich selbst einfordern.
Dahinter verbirgt sich ein schwerwiegendes Defizit: die SchülerInnen haben nicht gelernt, sich selbst realistisch einzuschätzen. In der Folge sind viele von ihnen bzgl. ihrer eigenen Leistungen, ihrer Fähigkeiten und ihres Auftretens äußerst unsicher. Sie bleiben abhängig vom Urteil fremder Autoritäten.

Um zu einer selbstständigen und realistischen Urteilsfähigkeit zu kommen, bedarf es eines Lernprozesses, in dem das eigene Urteil immer wieder gefragt ist und zugleich auch hinterfragt wird. Die Arbeiten von Kohlberg (s. Oser&Althof 1992) und Gilligan (1984) weisen darauf hin, daß das in besonderem Maße auch für die Bildung des moralischen Urteilsvermögens gilt. Dieses entwickelt sich in einem langfristigen Prozess, ausgehend von einem unreflektierten Gehorsam des Kleinkindes gegenüber Autoritäten hin zum autonomen Urteil des reifen Erwachsenen, das sich an allgemeingültigen ethischen Prinzipien orientiert. Doch diese Entwicklung verläuft nicht automatisch. Wenn fremde Beurteilungen und Entscheidungen das eigene Denken überflüssig machen, wird es in unreiferen und manipulierbareren Stadien steckenbleiben.

Die Aufgabe der Pädagogik muß es folglich sein, einen geeigneten Rahmen zur Schulung der Urteilsfähigkeit bereitzustellen. Dieser Rahmen muß überschaubar sein, eigene Ziele und Leistungsansprüche müssen realisiert, ihr Erreichen unmittelbar selbst überprüft und bewertet werden können. Unrealistische Selbsteinschätzungen wie die Tendenz, sich viel zu anspruchsvolle Ziele zu stecken oder umgekehrt, die eigenen Fähigkeiten zu verkennen, können dabei erkannt und schrittweise korrigiert werden.
Moralisch relevante Entscheidungen müssen von der Gruppe selbst ausgehandelt, ihre Folgen von allen spürbar erlebt werden können. Fragwürdige Annahmen und Urteile werden dann offensichtlich und können durch verantwortlichere Entscheidungen ersetzt werden.

Im Gegensatz zu den meisten Alltagssituationen, in denen das eigene Verhalten oft nur ein winziger Faktor in einem komplexen Bedingungsgeflecht ist, und in denen die Konsequenzen dieses Verhaltens sich der eigenen Wahrnehmung entziehen, bietet das erlebnispädagogische Szenario ein hohes Maß an Überschaubarkeit und direkter Rückkopplung. Ein Abenteuerspiel etwa ist eine relativ geschlossene Gestalt in sich: die Aufgabenstellung ist klar, die Gruppe überschaubar, Einflüsse von außen auf ein Minimum beschränkt, und der Zeitraum zwischen Zielsetzung und Auswertung kurz.

Jeder Eingriff von außen läuft grundsätzlich Gefahr, die selbstorganisierten Lernprozesse in diesem Szenario zu stören und zu überlagern. Das impliziert allerdings nicht, daß LehrerInnen sich mit ihren eigenen Beobachtungen und Einschätzungen völlig heraushalten sollten. Ihre Rückmeldung bekommt allerdings in diesem Verständnis einen anderen Stellenwert und einen anderen Charakter. Statt einer von allen zu akzeptierenden Bewertung versteht sie sich als Angebot, das dazu beitragen will, allzu schnelle oder pauschale Beurteilungen der SchülerInnen zu hinterfragen, blinde Flecken zu beleuchten und neue und ungewohnte Perspektiven in Erwägung zu ziehen.
Die Fähigkeit zu einer angemessenen Selbstbewertung kann nicht einfach vorausgesetzt werden. LehrerInnen und SchülerInnen nähern sich vielmehr diesem Ziel in einem gemeinsamen Prozeß, in dem alle Rückmeldungen der LehrerInnen darauf ausgerichtet sind, die Urteilsfähigkeit der SchülerInnen zu stärken.
Einige Anregungen zu diesem veränderten Verständnis von Bewertung wären:
·      Rückmeldungen sollten sparsam und in Anlehnung an die Feed-back-Regeln der Themenzentrierten Interaktion (Cohn 1975, 120ff) gegeben werden. Vier Kriterien können als Orientierungshilfe dienen:
    - Subjektivität: Rückmeldungen beruhen grundsätzlich auf subjektiven Wahrnehmungen und
    sollten sich daher immer auch als persönliche Aussagen zu erkennen geben.
    - Situationsbezogenheit: Rückmeldungen gehen immer auf Beobachtungen in konkreten
    Situationen zurück und dieser Situationsbezug sollte für die Empfänger auch erkenntlich
    sein.
    - Brauchbarkeit: Rückmeldungen sind nur dann nützlich, wenn aus ihnen konstruktive
    Veränderungen ableitbar sind. Auch in einer kritischen Rückmeldung sollte daher immer ein
    konstruktiver und nach vorne gerichteter Impuls zum Ausdruck kommen.
    - Erwünschtheit: Rückmeldungen sind nur dann sinnvoll, wenn sie auch aufgenommen
    werden können. Vor jeder Äußerung sollte man sich also über die Offenheit des Empfängers
    oder der Empfängerin rückversichern.
·      Bewertungen orientieren sich oft an feststehenden Normen oder Arbeiten mit Vergleichen gegenüber Anderen. So werden etwa sportliche Leistungen in der Leichtathletik anhand eines für alle gleichen Punktesystems bewertet, und Noten in Klassenarbeiten orientieren sich bis zu einem gewissen Grade an der durchschnittlichen Leistung der Lerngruppe. Beide Maßstäbe nehmen für sich in Anspruch gerecht zu sein. Den oft sehr unterschiedlichen Ausgangsbedingungen der SchülerInnen werden sie allerdings nicht gerecht. Rückmeldungen sollten sich daher stärker am Lernprozess und Lernfortschritt des jeweiligen Individuums bzw. der jeweiligen Gruppe orientieren. Rohnke (1989) gibt interessante Anregungen, wie der Bezugspunkt des Vergleichens in spielerischen Aktivitäten von äußeren Maßstäben auf die Gruppe selbst verlagert werden kann.
·      „The mountains speak for themselves“ lautet einer der bekanntesten erlebnispädagogischen Slogans. „...wenn man Ihnen nicht voreilig ins Wort fällt“ wäre vielleicht hinzuzufügen. Ein Setting, welches so gestaltet ist, daß die Handlungen der Beteiligten für alle nachvollziehbare und zugleich begrenzte Konsequenzen haben, reduziert die Notwendigkeit eines beurteilenden Eingreifens der LehrerInnen erheblich. Oft werden die SchülerInnen dabei allerdings zu anderen Einschätzungen und Bewertungen kommen als die LehrerInnen. Das gilt es auszuhalten im Bewußtsein, daß der Weg zu einem reifen Urteilsvermögen eher einem Bergpfad mit vielen Windungen, steilen Aufstiegen und plötzlichen Abbrüchen gleicht, als einer Schnellstraße durch eine übersichtliche Landschaft.

3.4. Glasnost

„Alle Reisen haben eine heimliche Bestimmung, die der Reisende nicht ahnt.“
Martin Buber

Selbstorganisation kann in der Pädagogik wohl nie ein absolutes Prinzip sein, denn wäre sie es, hätte sich die Rolle der Pädagogen eigentlich erledigt. Die Erlebnispädagogik bietet, genau betrachtet, Spielräume für selbstverantwortliches Handeln innerhalb eines im Vorfeld wohldurchdachten und sorgfältig geplanten Rahmens. Das kommt in einer Formulierung der AEE-Arbeitsprinzipien klar zum Ausdruck: „Erfahrungen werden so strukturiert, daß die Lernenden Initiative ergreifen, Entscheidungen treffen und Verantwortung für die Resultate übernehmen müssen“ (Luckmann 1996, 7, Übers. u. Hervorh. rg).
Vielfältige Verantwortungen und Entscheidungen liegen also bei den LehrerInnen: „Die wesentlichen Aufgaben der Pädagogen liegen also in der Auswahl passender Erfahrungen, im Stellen von Problemen, im Setzen von Grenzen, in der Unterstützung der Lernenden, in der Gewährleistung der körperlichen und seelischen Sicherheit und in der Moderation des Lernprozesses“ (ebd., 7). Jede dieser Tätigkeiten beeinträchtigt auf ihre Art und Weise die Autonomie der SchülerInnen. Das macht Sinn, denn es entlastet sie auch und ermöglicht ihnen die Konzentration auf Wesentliches.
Sowohl die Art des Rahmens, als auch das Ausmaß und die Grenzen der Spielräume sollten jedoch transparent gemacht werden. Ganz in diesem Sinne schlägt Fürst (1992, 98ff) vor, zwischen drei Entscheidungsebenen zu unterscheiden:
·      Vorgegebene Bedingungen: Das sind all die Entscheidungen, die ein Leitungsteam im Vorfeld der eigentlichen Arbeit mit den SchülerInnen fällt, und auch solche, die es während des Kurses nicht den Jugendlichen überlassen kann. Beispiele dafür sind eindeutige Sicherheitsvorgaben, Regelungen zum Schutz der Interessen Dritter oder der Natur, aber auch eine logistische Vorauswahl und Beschränkung auf bestimmte Aktivitäten.
·      Vereinbarte Bedingungen: Das sind alle Entscheidungen, die zwischen SchülerInnen und LehrerInnen gemeinsam ausgehandelt werden. Beispiele wären Vereinbarungen über den zeitlichen Rahmen und über die Einschränkung von Ersatzbefriedigungen wie Fernsehen, Walkman, Süßigkeiten sowie - bei älteren Jugendlichen - Zigaretten und Alkohol.
·      Verantwortungsspielraum der Gruppe: Das sind alle Entscheidungen, aus denen sich die LehrerInnen bewußt heraushalten, um den SchülerInnen Erfahrungen der Selbstorganisation und Selbstverantwortung zu ermöglichen. Hierunter fällt das Ausmaß des Einlassens auf die Herausforderungen, Planungs- und Entscheidungsprozesse während der Aufgaben und natürlich die Gestaltung der Freiräume innerhalb des Programms.
Die Zuordnung bestimmter Entscheidungen zu einer der Ebenen wird von Gruppe zu Gruppe variieren. Ein Beispiel dafür ist die Haushalts- und Essensplanung, die sowohl ein Gegenstand gemeinsamer Vereinbarungen sein als auch vollständig in den Verantwortungsspielraum der Gruppe fallen kann. Die LehrerInnen müssen ihre diesbezüglichen Toleranzschwellen vorher genau abwägen, denn entscheidend ist, daß eingeräumte Entscheidungsspielräume auch tatsächlich respektiert werden. Die Devise kann andererseits nicht leichtfertig „im Zweifelsfall lieber weniger“ lauten. „Einschränkende Normen können den Ernstcharakter einer erlebnispädagogischen Situation zunichte machen, wenn sie inhaltlich unangemessen sind, zu hohe Anforderungen stellen oder zuviel Raum einnehmen; sie dürfen daher den Rahmen nicht dominieren. Das positiv Herausfordernde und das Unfertige müssen den Inhalt bestimmen, nicht die Restriktionen, die auf bloße Unterlassung zielen“ (Fürst 1992, 111).

Schoel et al. (1988, 94ff) schlagen in diesem Sinne den Abschluß eines „full value contract“, einer Art grundlegenden Vertrages zwischen Leitungsteam und TeilnehmerInnen vor. Drei wesentliche Vereinbarung bilden die Substanz dieses Vertrages:
- Die Vereinbarung, als Gruppe zusammenzuarbeiten und an individuellen und gemeinsamen Zielsetzungen zu arbeiten.
- Die Vereinbarung, bestimmte Sicherheitsvorgaben und Verhaltensrichtlinien zu respektieren.
- Die Vereinbarung, sich gegenseitig Rückmeldungen zu geben, diese auch anzuhören und zu versuchen, das eigene Verhalten zu verändern, wenn das angemessen erscheint.
In einem solchen Vertrag liegt die Chance, das Wesentliche der erlebnispädagogischen Arbeit auf den Punkt zu bringen und für alle Beteiligten transparent zu machen. Auch können potentiell destruktive Tendenzen damit begrenzt werden. Die Vorgabe von Verhaltensrichtlinien und die Betonung der Verhaltensänderung können andererseits relativ leicht auch einen kontrollierenden Charakter bekommen und damit der Grundintention der Selbstorganisation zuwider laufen. Diese Gefahr ist bei einem fest vorgegebenen Vertrag natürlich größer, als bei einem Vertrag, in den alle Beteiligten ihre Ideen eingebracht haben, und der immer wieder Gegenstand konstruktiver Verhandlungen ist.

Unabhängig davon, ob man die Vereinbarungen mit den SchülerInnen in eine vertragliche Form bringen will oder nicht, sollte eine möglichst große Transparenz des Angebots und der Arbeitsweise angestrebt werden. Drei Aspekte sollen diesbezüglich hervorgehoben werden:
·      Bereits mit der Ausschreibung bzw. Bekanntmachung des Angebots werden wesentliche Weichen gestellt. Es ist verführerisch und auch viel einfacher, die spannenden Aktivitäten in den Mittelpunkt der Darstellung zu setzen. Pädagogische Intentionen lassen sich aber nicht so einfach nachschieben. Sie gar nicht transparent zu machen ist nicht nur unredlich, sondern wird fast zwangsläufig zu Widerständen oder einer Verflachung der Arbeit führen.
·      Zeit, die in gemeinsame Vorbesprechungen und Vorbereitungen investiert wird, zahlt sich in diesem Sinne meistens gut aus. Dabei kann die Interessenlage der SchülerInnen genauer erfragt werden, Sinn und Art der Arbeit können anhand einer exemplarischen Erfahrung wie etwa eines einfachen Kooperationsspiels veranschaulicht werden, und wichtige Vereinbarungen können bereits im Vorfeld getroffen werden.
·      Während des Kursgeschehens bewegen sich die LehrerInnen im Idealfall ständig flexibel zwischen verschiedenen Rollen hin und her. Diese Rollen sollten vorher mit den SchülerInnen abgesprochen werden, und der Charakter der Interventionen auf verschiedenen Ebenen sollte deutlich unterscheidbar sein.

Erlebnispädagogik bietet den SchülerInnen Spielräume zur Selbstorganisation in einem klar strukturierten und somit in seiner Reichweite immer auch begrenzten Setting. Das beinhaltet die grundsätzliche Gefahr, daß Selbstorganisation in routinemäßigen Abläufen auf ein Programmelement verkürzt wird und die dahinter stehende Vision verloren geht.
Das Gegenstück zur Transparenz, die aktuellen Möglichkeiten und Grenzen offen zu legen, ist daher die Offenheit, diese Grenzen hinaus zu schieben und die Handlungsspielräume der SchülerInnen zu erweitern, wenn sich eine Perspektive dazu aus dem gemeinsamen Prozess heraus entwickelt.
Eine solche Einstellung weist auch allen Aktivitäten, Medien und Methoden den ihnen gebührenden Platz zu: es sind Hilfsmittel, durch die Lernen zu einer positiven Erfahrung werden soll, die sich dem Lernprozess selbst aber immer unterzuordnen haben.

Offenheit impliziert auch ein verändertes Selbstverständnis der Lehrenden. Eine Metapher aus der Seefahrt mag das vielleicht verdeutlichen. Das Leitbild wäre nicht das einer Passagierfähre, die möglichst viele Menschen möglichst schnell auf einer wohlbekannten Route zu einem wohlbekannten Zielhafen bringen soll. Passender wäre vielmehr das Bild eines Segelschiffs, das zu einer Entdeckungsreise aufbricht. Die Rollen und Verantwortungen auf einem solchen Schiff sind keineswegs gleich verteilt, aber es wird sich um so besser vorwärts bewegen, je mehr alle hinter dem Ziel der Reise stehen und Hand in Hand arbeiten. Kapitän und Offiziere haben eine grobe Vorstellung von der Richtung, vor allem aber verstehen sie genug von Navigation, um den Kurs immer wieder den aktuellen Gegebenheiten anzupassen. Und warum wären sie schon auf einer Entdeckungsreise, wenn nicht aus dem heimlichen Wunsch, unterwegs auf Dinge zu stoßen, die sie niemals hätten voraussagen können?

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Veröffentlicht in: Gilsdorf, R. & Volkert, K. (1999) - Abenteuer Schule. Augsburg, ZIEL
Quelle : kizzi.de/Leitgedanken.doc [Stand: Mai 2014]